Wie sollte man Emails übersetzen, zielkulturkonform?
Thread poster: Heinrich Pesch
Heinrich Pesch
Heinrich Pesch  Identity Verified
Finland
Local time: 19:17
Member (2003)
Finnish to German
+ ...
Jan 26, 2006

Letzte Woche hatte ich als eiligen Auftrag eine Email vom Finnischen ins Deutsche zu übersetzen.
Finnen sind sehr formlos, praktisch alle Mails beginnen mit "Hei" und enden mit "t. Vorname".

Im Deutschen dagegen schreiben die Leute noch nach Jahren: "Sehr geehrter Herr X,

...mit freundlichen Grüßen
Vorname Nachname"

Ich hatte es kurz und wortgetreu übersetzt, ohne die Schreibfehler hoffentlich, die im Original waren. Aber hätte ich Begrüß
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Letzte Woche hatte ich als eiligen Auftrag eine Email vom Finnischen ins Deutsche zu übersetzen.
Finnen sind sehr formlos, praktisch alle Mails beginnen mit "Hei" und enden mit "t. Vorname".

Im Deutschen dagegen schreiben die Leute noch nach Jahren: "Sehr geehrter Herr X,

...mit freundlichen Grüßen
Vorname Nachname"

Ich hatte es kurz und wortgetreu übersetzt, ohne die Schreibfehler hoffentlich, die im Original waren. Aber hätte ich Begrüßung und Abschluss den deutschen steifen Gepflogenheiten anpassen sollen? Das gleiche Problem ist ja auch bei Übersetzungen aus dem Englischen.

Gruß
Heinrich
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Wenjer Leuschel (X)
Wenjer Leuschel (X)  Identity Verified
Taiwan
Local time: 00:17
English to Chinese
+ ...
Locker bleiben. Jan 26, 2006

Hallo Heinrich!

Oh, ha. So schlimm ist es ja auch nicht. Meine deutschen Kunden sind auch schon längst daran gewohnt, mit "Hi" anzufangen und "Vornamen" abzuschließen. Es sei denn, daß die Original-Mail schon förmlich ist, dann übersetzt man sie auch förmlich. Ansonsten darf man ruhig locker bleiben. So was habe ich mehrmals getroffen. Allerdings aus europäischen Sprachen ins Chinesische.

Frohes chinesisches Mondneujahr!

Grüße,
Wenjer

Heinrich Pesch wrote:

Letzte Woche hatte ich als eiligen Auftrag eine Email vom Finnischen ins Deutsche zu übersetzen.
Finnen sind sehr formlos, praktisch alle Mails beginnen mit "Hei" und enden mit "t. Vorname".

Im Deutschen dagegen schreiben die Leute noch nach Jahren: "Sehr geehrter Herr X,

...mit freundlichen Grüßen
Vorname Nachname"

Ich hatte es kurz und wortgetreu übersetzt, ohne die Schreibfehler hoffentlich, die im Original waren. Aber hätte ich Begrüßung und Abschluss den deutschen steifen Gepflogenheiten anpassen sollen? Das gleiche Problem ist ja auch bei Übersetzungen aus dem Englischen.

Gruß
Heinrich



[Edited at 2006-01-26 11:01]


 
Marion Schimmelpfennig
Marion Schimmelpfennig  Identity Verified
Local time: 18:17
English to German
Kommt auf die Zielgruppe an Jan 26, 2006

Es kommt auch auf andere Parameter an - Zielgruppe, Inhalt, Zielsetzung usw. Da ich den vorliegenden Fall nicht kenne, ist das schwierig zu beurteilen. Im Zweifelsfall natürlich beim Kunden nachfragen. Oder, wenn das nicht möglich ist, einen Kompromiss wählen, zum Beispiel "Hallo" oder "Guten Tag" plus Anrede und "Viele Grüße" am Ende. Das mag für Finnen schon steif klingen, ist aber für Deutsche schon verhältnismäßig locker... See more
Es kommt auch auf andere Parameter an - Zielgruppe, Inhalt, Zielsetzung usw. Da ich den vorliegenden Fall nicht kenne, ist das schwierig zu beurteilen. Im Zweifelsfall natürlich beim Kunden nachfragen. Oder, wenn das nicht möglich ist, einen Kompromiss wählen, zum Beispiel "Hallo" oder "Guten Tag" plus Anrede und "Viele Grüße" am Ende. Das mag für Finnen schon steif klingen, ist aber für Deutsche schon verhältnismäßig locker

Gruß
Marion
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Robert Tucker (X)
Robert Tucker (X)
United Kingdom
Local time: 17:17
German to English
+ ...
Schleiermacher Jan 26, 2006

Erinnert man sich hier nicht an Friedrich Schleiermacher als er fragte ob man den Leser zum Autor oder den Autor zum Leser hinbewegen solle?

[Edited at 2006-01-26 08:48]


 
Stephanie Wloch
Stephanie Wloch  Identity Verified
Germany
Local time: 18:17
Member (2003)
Dutch to German
Locker darauf vorbereiten, dass die Finnen locker sind Jan 26, 2006

Leser zum Autor oder den Autor zum Leser hinbewegen solle?

Ja, was wäre, wenn der Leser dann mal seine Romanfiguren unvorbereitet treffen würde?
Wenn der Kunde mit den Finnen Geschäfte machen will, sollte man ihn schonend auf deren Lockerheit vorbereiten. Sonst ist er ganz verdattert, wenn die schriftlich so "artigen" Finnen beim Geschäftstreffen aufeinmal so plump vertraulich sind.


 
Antje Harder
Antje Harder  Identity Verified
Sweden
Local time: 18:17
Swedish to German
+ ...
Anpassen in Maßen Jan 26, 2006

Hallo Heinrich,

mir stellt sich das Problem ebenfalls gelegentlich in ähnlicher Form - die schwedische Geschäftspost ist ja auch informeller als die deutsche. Dazu kommt noch das übliche Du-Sie-Problem.

Wenn der Absender nur mit seinem Vornamen unterschreibt und den Adressaten ebenfalls mit Vornamen anredet, ändere ich ggf. die Anrede im Deutschen in "Sie" + Vorname (wenn es sich z.B. wie kürzlich um eine neu angebahnte Geschäftsbeziehung handelt).
Es hängt
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Hallo Heinrich,

mir stellt sich das Problem ebenfalls gelegentlich in ähnlicher Form - die schwedische Geschäftspost ist ja auch informeller als die deutsche. Dazu kommt noch das übliche Du-Sie-Problem.

Wenn der Absender nur mit seinem Vornamen unterschreibt und den Adressaten ebenfalls mit Vornamen anredet, ändere ich ggf. die Anrede im Deutschen in "Sie" + Vorname (wenn es sich z.B. wie kürzlich um eine neu angebahnte Geschäftsbeziehung handelt).
Es hängt natürlich viel vom Zusammenhang ab - hier wusste ich, dass die beiden Partner sich getroffen hatten, sich aber noch nicht lange kennen. Sie werden sich vermutlich mit Vornamen angesprochen haben (auf Englisch), aber keine (deutsche) Duz-Freundschaft eingeführt haben.
Also habe ich mich bemüht, einen verbindlich-geschäftlichen Ton beizubehalten, jedoch nicht unbedingt mit "Sehr geehrte(r) ...". Eine Anrede mit Namen halte ich dennoch für sinnvoll - deutsche E-Mails von Unbekannten, die mit "Hi" beginnen, empfinde ich nicht als besonders (geschäftlich) seriös.

"Mit freundlichen Grüßen" ist ja auch nur mit Vornamen möglich.

Wenn es sich um eine erste Kontaktaufnahme handelt, weise ich den schwedischen Kunden ggf. auf die etwas förmlichere Schreibweise in Deutschland (Nachname) hin.

Viele Grüße aus Lund
Antje


[Edited at 2006-01-26 10:34]
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Harry Bornemann
Harry Bornemann  Identity Verified
Mexico
Local time: 10:17
English to German
+ ...
Im Firmenverkehr förmlich Jan 26, 2006

Ich habe 10 Jahre lang in über 30 Berliner Firmen die Geschäftspost geschrieben. "Sehr geehrter Herr.." war selbstverständlich, bei den Grüßen am Ende darf aber ruhig eine etwas seltenere und nicht ganz so steife Variante verwendet werden, damit dieser Gruß überhaupt noch als Gruß bewusst wird.

Im Schriftverkehr zwischen Privatpersonen betrachte ich die Verwendung des Vornamens als Angebot zum Duzen.

An das Siezen mit Vornamen dagegen werde ich mich nie gewöhne
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Ich habe 10 Jahre lang in über 30 Berliner Firmen die Geschäftspost geschrieben. "Sehr geehrter Herr.." war selbstverständlich, bei den Grüßen am Ende darf aber ruhig eine etwas seltenere und nicht ganz so steife Variante verwendet werden, damit dieser Gruß überhaupt noch als Gruß bewusst wird.

Im Schriftverkehr zwischen Privatpersonen betrachte ich die Verwendung des Vornamens als Angebot zum Duzen.

An das Siezen mit Vornamen dagegen werde ich mich nie gewöhnen, weil auf diese Weise eigentlich nur Hauspersonal angesprochen wird, von dem aber dennoch erwartet wird, den Hausherrn mit Nachnamen anzusprechen.

In besonders schwer einzuschätzenden Fällen ist es durchaus möglich, sich den ganzen Brief lang um das Siezen oder Duzen herumzudrücken. Mit dieser Variante lässt man zwar erkennen, dass man unsicher ist, aber wenigstens kann man damit nicht dermaßen ins Fettnäpfchen treten, wie mit einem unangebrachten Siezen oder Duzen.

Mit freundlichen Grüßen,
mit freundlichem Gruß,
viele Grüße,
Gruß,
c.u.,
ciao,

Harry

PS: "Hochachtungsvoll" ist ein eiskalter Gruß an die schlimmsten Feinde, wie gegnerische Rechtsanwälte, manche Beamte, streitsüchtige Vermieter und wer einem sonst noch Böses wollen kann.

Nur wenn ein Beamter "Hochachtungsvoll" schreibt, braucht man sich nichts dabei zu denken. Erstens könnte es in seinen Vorschriften stehen und zweitens bedeutet es nur: "Ich bin Beamter und will meine Ruhe haben und der Verkehr mit der Öffentlichkeit ist mir zuwider." Das ist also nicht persönlich gemeint.

[Edited at 2006-01-26 20:13]
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