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Allg. Anmerkungen zum globalisierten Übersetzen
Thread poster: Undoer of Ba (X)
Undoer of Ba (X)
Undoer of Ba (X)  Identity Verified
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Jun 21, 2007

Hi

Bin erst seit kurzem hier auf proz. Mir ist aber aufgefallen, wie enorm die Preise hier schwanken. Vor einigen Tagen las ich ein Angebot, das wohl nicht zufällig in Zeichen quantifiziert war (11500, keine Angabe zu Leerzeichen), vermutlich um die Wortanzahl zu verschleiern. Habe aufgrund des Probetextes eine Wortlänge von ca. 6 Zeichen berechnet und daraus einen Preis von 0,03 Euro pro Wort.

Ich fin
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Hi

Bin erst seit kurzem hier auf proz. Mir ist aber aufgefallen, wie enorm die Preise hier schwanken. Vor einigen Tagen las ich ein Angebot, das wohl nicht zufällig in Zeichen quantifiziert war (11500, keine Angabe zu Leerzeichen), vermutlich um die Wortanzahl zu verschleiern. Habe aufgrund des Probetextes eine Wortlänge von ca. 6 Zeichen berechnet und daraus einen Preis von 0,03 Euro pro Wort.

Ich finde solche Preise unverschämt, selbst für eine polnische Firma. Deutsche Freiberufler leben nun mal in der Regel nicht in Polen, sondern in Deutschland, ansonsten bekommen sie ja schon mal viele Aufträge ohnehin nicht. (Selbstverständlich traut man einem bei einer Agentur in England fest angestellten Deutschen perfektes Deutsch zu, aber nicht deutschen Freiberuflern dort!? Und dass man in Zeiten des Internet auch in der portugiesischen Provinz deutsche Webseiten lesen und deutsches Online-Radio hören und somit seine Muttersprache auf Trab halten kann, ist noch nicht ins Bewusstsein vieler Kunden vorgedrungen.)

Wie haltet ihr es mit dem Problem, dass Agenturen neuerdings oft in Niedriglohnländern sitzen und auch nur entsprechende Preise bieten, man selbst aber in Westeuropa lebt und hiesige Preise bezahlen muss?

Ich arbeite vor allem für eine indische Firma, die gerade mal 3 US-Cent pro Wort bezahlen kann, denn der günstige Preis ist ja der einzige Grund, warum all die gierigen Multis aus Europa und den USA nach Indien und China ausweichen. Die Leute dieser Agentur sind sehr nett, weshalb ich auch nicht nein sage. Aber man merkt, dass sie selbst wie Sklaven behandelt werden, sie sitzen nicht selten bis 10pm im Büro, um die Eilaufträge (wobei ich mich immer frage, was an 95 % dieser Aufträge denn so eilig sein soll?!) für Amerikaner fertig zu stellen, während sich diese ins Fäustchen lachen. Über diese Agentur habe ich schon für die größten Multis der Forbes-Liste übersetzt, die es sich wirklich leisten könnten, anständige Preise zu bezahlen.

Mir gefallen die Entwicklung und der Umgang in der Übersetzungsbranche überhaupt nicht und ich erwäge bereits, mich beruflich völlig umzuorientieren - oder selbst nach Indien zu ziehen und dort als fest Angestellter zu übersetzen. Dann erspare ich mir wenigstens den Papierkram, die ständigen Probeübersetzungen und die finanziellen Sorgen, mit denen man als Freiberufler zusätzlich belastet wird.

Wie haltet ihr es z. B. bei der Abgabe eines Angebots für einen Job? Geht ihr bei Angeboten für Agenturen in Ländern wie Polen mit den Preisen runter, um euch gegenseitig zu unterbieten? Oder habt ihr euch auf eine Art 'Mindestlohn' geeinigt, dessen Unterschreitung ein Tabu wäre?

Wenn ich mir auf Proz das Verhältnis von Angebot und Nachfrage ansehe (nicht selten 1:60), denke ich zuweilen, dass es einfach zu viele Übersetzer gibt. Deshalb werde ich wohl meine 3-Monats-Mitgliedschaft hier, die es im Rahmen des Softwarebundles gab, auch nicht verlängern.

Noch jemand eine Meinung?

Gruß
UoB

[Edited at 2007-06-21 13:29]
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Ralf Lemster
Ralf Lemster  Identity Verified
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Nicht nur auf eingestellte Jobs schauen Jun 21, 2007

Hallo "UoB",
(würde Dich ja lieber mit einem richtigen Namen ansprechen)


Bin erst seit kurzem hier auf proz. Mir ist aber aufgefallen, wie enorm die Preise hier schwanken.

Die (preislich) interessanten Jobs sind meist nicht diejenigen, die als solche eingestellt werden, sondern Direktansprachen über das Benutzerprofil bzw. auch über Connect.


Wie haltet ihr es mit dem Problem, dass Agenturen neuerdings oft in Niedriglohnländern sitzen und auch nur entsprechende Preise bieten, man selbst aber in Westeuropa lebt und hiesige Preise bezahlen muss?

Nicht für solche Anbieter arbeiten - und die Kundenstruktur laufend überdenken.

Noch jemand eine Meinung?

Wenn sie gefragt ist, gerne (hörte sich nicht unbedingt so an).

Die meisten Besucher meiner Website kommen über mein Benutzerprofil bei ProZ.com; auch habe ich bereits Kunden über Direktansprache kennen gelernt, bei denen Preisvorstellung und Qualitätsbewusstsein durchaus mit meinen Vorstellungen kompatibel waren (allerdings bin ich eher auf der Nachfrageseite unterwegs).

Das funktioniert natürlich nicht binnen weniger Wochen - auch eine Onlinepräsenz will sorgfältig entwickelt und gepflegt sein. Wenn ich mir Dein Profil anschaue, sehe ich wenig Spezialisierung, eine sehr spärliche Beschreibung Deines Tätigkeitsspektrums, und keine Schlüsselwörter für die Onlinesuche. Ich denke, da ist noch einiges Potenzial zu heben.

Gruß Ralf


 
Undoer of Ba (X)
Undoer of Ba (X)  Identity Verified
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Antwort an Ralf Jun 21, 2007

Hallo Ralf,

Tja, bin wie gesagt erst seit kurzem hier und traue diesem Portal (noch) nicht (vielleicht auch, weil es US-amerikanisch ist), weshalb ich auch nicht meinen richtigen Namen verwende.


Die (preislich) interessanten Jobs sind meist nicht diejenigen, die als solche eingestellt werden, sondern Direktansprachen über das Benutzerprofil bzw. auch über Connect.


Hm, kann sein. Connect? Damit kenne ich mich noch nicht aus. Mir erscheint dieses Portal sehr unübersichtlich und überladen.


Wenn sie gefragt ist, gerne (hörte sich nicht unbedingt so an).

Die meisten Besucher meiner Website kommen über mein Benutzerprofil bei ProZ.com; auch habe ich bereits Kunden über Direktansprache kennen gelernt, bei denen Preisvorstellung und Qualitätsbewusstsein durchaus mit meinen Vorstellungen kompatibel waren (allerdings bin ich eher auf der Nachfrageseite unterwegs).

Das funktioniert natürlich nicht binnen weniger Wochen - auch eine Onlinepräsenz will sorgfältig entwickelt und gepflegt sein. Wenn ich mir Dein Profil anschaue, sehe ich wenig Spezialisierung, eine sehr spärliche Beschreibung Deines Tätigkeitsspektrums, und keine Schlüsselwörter für die Onlinesuche. Ich denke, da ist noch einiges Potenzial zu heben.

Gruß Ralf


Doch, war schon so gemeint
Vermutlich fehlt mir einfach dein Sinn für das ganze Drumherum, das Geschäftliche, die Selbstvermarktung etc. Ich werde wohl das Angebot aus Indien annehmen und vor Ort arbeiten. Dann kann ich meine Zeit und Energie wieder ganz in das Übersetzen selbst stecken.

Gruß
UoB


 
Leena vom Hofe
Leena vom Hofe  Identity Verified
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Nicht aufgeben! Jun 21, 2007

UoB,

wenn Du erst so kurz dabei bist (als Freelancer meine ich), kannst doch nicht schon aufgeben, oder?

Ich bin jetzt seit 2 Jahren freiberuflich unterwegs und muss sagen, dass ich über Proz (wie Ralf schon schreibt über den Direktkontakt über mein Profil) an viele sehr fruchtbare Geschäftsbeziehungen gekommen bin.

Meiner Meinung nach ist ein offenes und gut ausgefülltes Profil das A
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UoB,

wenn Du erst so kurz dabei bist (als Freelancer meine ich), kannst doch nicht schon aufgeben, oder?

Ich bin jetzt seit 2 Jahren freiberuflich unterwegs und muss sagen, dass ich über Proz (wie Ralf schon schreibt über den Direktkontakt über mein Profil) an viele sehr fruchtbare Geschäftsbeziehungen gekommen bin.

Meiner Meinung nach ist ein offenes und gut ausgefülltes Profil das A und O. Trau Dich! Ich habe noch nie Spam o.ä. über Proz bekommen (wenn man mal von zwei oder drei Jobangeboten für die unterirdischsten Preise absieht ) und mit der Zeit werden die Kunden immer wieder kommen...

Ich denke, sich mit seinem Namen hier einzusetzen ist schon wichtig. Ein seriöser Auftritt zieht auch seriöse Aufträge an.

Mittlerweile kann ich schon den ein oder anderen Auftrag ablehnen (muss ich sogar!). Es ist also gar nicht so schlimm! Und auf Angebote, die mit Hungerlöhnen ausgeschrieben sind, musst Du ja nicht reagieren...

Also, überleg's Dir mal! Naja, aber es ist eben auch nicht jedemanns Sache, freiberuflich zu arbeiten...

Ich wünsch Dir viel Glück für Deinen weiteren Weg (von Portugal nach Indien...Wow... Ich würd ja Portugal bevorzugen, weil ich in Indien wohl verhungern würde... bin, glaube ich nämlich die einzige Person auf der Welt, die kein indisches Essen mag...

Viele Grüße
Leena
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Forest (X)
Forest (X)
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Die Branche hat auch Vorteile Jun 21, 2007

Ich denke, man sollte einen unschätzbaren Vorteil der Branche nicht außer Acht lassen - seriöse Auftraggeber werden in nahezu allen Fällen bei einer fachlichen anspruchsvollen Übersetzung ins Deutsche diese von einem deutschen Muttersprachler anfertigen lassen. Das ist ein immenser Vorteil gegenüber vielen anderen Branchen. Eine Software kann von einem deutschen, aber auch von einem polnischen Muttersprachler geschrieben werden, um nur eines von unendlich vielen Beispielen zu geben. Damit ... See more
Ich denke, man sollte einen unschätzbaren Vorteil der Branche nicht außer Acht lassen - seriöse Auftraggeber werden in nahezu allen Fällen bei einer fachlichen anspruchsvollen Übersetzung ins Deutsche diese von einem deutschen Muttersprachler anfertigen lassen. Das ist ein immenser Vorteil gegenüber vielen anderen Branchen. Eine Software kann von einem deutschen, aber auch von einem polnischen Muttersprachler geschrieben werden, um nur eines von unendlich vielen Beispielen zu geben. Damit meine ich, dass sich erst einmal ein deutscher, qualifizierter Muttersprachler mit entsprechendem Abschluss finden lassen muss, der zu einem bestimmten Preis übersetzt.

Wenn nun in der Branche deutsche Muttersprachler sind, die diese hoffnungslos untertriebenen Preise annehmen, ist das bedenklich und bedauernswert. Letzten Endes wissen seriöse Auftraggeber in der Branche aber auch, dass eine gewisse Qualität ihren Preis hat, und sehr viele gute Übersetzer lehnen diese Preise ohnehin ab. Auch muss man nicht unbedingt nur indische Agenturen anbieten, die mit ganz anderen Preisen handeln. Es gibt durchaus sehr viele andere Agenturen in der westlichen Welt, die deutlich akzeptablere Bezahlung bieten.

Den Eindruck, dass es zu viele Übersetzer gibt, teile ich keineswegs. Das wird schon daran deutlich, dass überall in Deutschland die entsprechenden Studiengänge zusammengestrichen (of fallen Fremdsprachen weg) oder gar eingestellt werden. Von einem Übersetzer, der in der Branche Fuß fassen möchte, sollte man eine entsprechende Ausbildung erwarten und nicht minder solide Fachkenntnisse in einigen wenigen Fachbereichen, in denen auch entsprechend häufig Übersetzungen angefertigt werden. Wenn sich nun die nicht allzu zahlreichen deutschen Absolventen dieser Jahre mit ihren ganz unterschiedlichen Sprachenkombinationen auf die vielfältigen Bereiche, in denen übersetzt wird, verteilen, wüsste ich nicht, warum in dieser Wachstumsbranche zu viele Übersetzer vorhanden sein sollten.
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Undoer of Ba (X)
Undoer of Ba (X)  Identity Verified
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Antwort an Leena Jun 22, 2007


Also, überleg's Dir mal! Naja, aber es ist eben auch nicht jedemanns Sache, freiberuflich zu arbeiten...

Ich wünsch Dir viel Glück für Deinen weiteren Weg (von Portugal nach Indien...Wow... Ich würd ja Portugal bevorzugen, weil ich in Indien wohl verhungern würde... bin, glaube ich nämlich die einzige Person auf der Welt, die kein indisches Essen mag...

Viele Grüße
Leena


Hi Leena,

ja, ich befürchte auch, dass die Arbeit als Freiberufler vielleicht einfach nicht mein Ding ist, da zu unregelmäßig, zu wenig Trennung von Berufs- und Privatleben. Aber heutzutage hat man als Übersetzer oft gar keine andere Wahl, denn Übersetzung und Lokalisierung werden immer seltener firmenintern durchgeführt, da es die Unternehmen billiger kommt, diese Aufgaben auszulagern.

Bin schon jahrzehntelang Vegetarier, für mich wäre das indische Essen ein Segen, ganz im Gegensatz zur portugiesischen Küche, wo fast alles gegessen wird, was sich bewegt.

Na ja, mal gucken, wie es weitergeht ...

UoB


 
Aniello Scognamiglio (X)
Aniello Scognamiglio (X)  Identity Verified
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Origineller Name ;-) Jun 22, 2007

Undoer of Babel wrote:


Hi Leena,

ja, ich befürchte auch, dass die Arbeit als Freiberufler vielleicht einfach nicht mein Ding ist, da zu unregelmäßig, zu wenig Trennung von Berufs- und Privatleben.

>>> Das ist schon richtig, aber hast du auch an die Vorteile gedacht?

Aber heutzutage hat man als Übersetzer oft gar keine andere Wahl, denn Übersetzung und Lokalisierung werden immer seltener firmenintern durchgeführt, da es die Unternehmen billiger kommt, diese Aufgaben auszulagern.

>>> Das Kostenargument ist sicher richtig, aber viele Unternehmen verfügen einfach nicht über die Ressourcen, und deswegen wird ausgelagert. Das ist aber auch nur ein weiteres Argument.

Bin schon jahrzehntelang Vegetarier, für mich wäre das indische Essen ein Segen, ganz im Gegensatz zur portugiesischen Küche, wo fast alles gegessen wird, was sich bewegt.

>>> Den Tieren zuliebe solltest du nur tote Tiere essen

Na ja, mal gucken, wie es weitergeht ...

UoB


 
Martin Wenzel
Martin Wenzel
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Den Kulturschock sollte man nicht unterschätzen... Jun 22, 2007

Also mich hat es ja hier nach Marokko verschlagen, aber es war trotzdem ein ziemlicher Kulturschock, obschon Marokko ja durch Frankreich auch weitgehend europäisch geprägt ist.

Das Klima dürfte extrem sein und kann sagen, dass ich das mit Marokko auch nur gemacht habe, weil ich einen Job (aber den Job als Schulleiter habe ich dann schnell wieder aufgegeben, das sind nämlich 3 Jobs gewesen mit einer Bezahlung) hatte und jemanden kannte, der hier schon seit einigen Jahren lebt. Di
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Also mich hat es ja hier nach Marokko verschlagen, aber es war trotzdem ein ziemlicher Kulturschock, obschon Marokko ja durch Frankreich auch weitgehend europäisch geprägt ist.

Das Klima dürfte extrem sein und kann sagen, dass ich das mit Marokko auch nur gemacht habe, weil ich einen Job (aber den Job als Schulleiter habe ich dann schnell wieder aufgegeben, das sind nämlich 3 Jobs gewesen mit einer Bezahlung) hatte und jemanden kannte, der hier schon seit einigen Jahren lebt. Dieser geht aber inzwischen nach Deutschland zurück, weil die Kinder angeblich keine angemessene Schulausbildung hier bekommen (seine Hauptbegründung ist für mich nicht ganz nachvollziehbar, warum sollte das französische Schulsystem schlechter sein als das deutsch...).
Die Trennung von Beruf und Privatleben als Übersetzer ist schwierig, ich sehe das jetzt erst, wo ich den ganzen Tag zuhause bin und auch teilweise durch die kurzen Liefertermine gestresst bin, das wirkt sich dann auch auf die Beziehung aus...

Ich habe aber sowieso den Eindruck, das war nur mal so ein Versuch deinerseits mit dem Übersetzen, oder?
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Undoer of Ba (X)
Undoer of Ba (X)  Identity Verified
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Antwort an Martin Jun 22, 2007

Hi Martin,

Marokko, nicht schlecht. Muss zugeben, mit der islamischen Kultur hätte ich Probleme, aber die hinduistische ist auch problematisch.

Haben die Kunden bei dir keine Bedenken wegen deines Wohnorts? Bei mir machen einige Zicken wegen Portugal ...

Was das freiberufliche Übersetzen betrifft, ja, das war ein Versuch, der nun schon über ein Jahr währt. Ich schlage mich gerade so durch. Vorher habe ich jahrelang als Inhouse-Übersetzer gearbeitet. Da
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Hi Martin,

Marokko, nicht schlecht. Muss zugeben, mit der islamischen Kultur hätte ich Probleme, aber die hinduistische ist auch problematisch.

Haben die Kunden bei dir keine Bedenken wegen deines Wohnorts? Bei mir machen einige Zicken wegen Portugal ...

Was das freiberufliche Übersetzen betrifft, ja, das war ein Versuch, der nun schon über ein Jahr währt. Ich schlage mich gerade so durch. Vorher habe ich jahrelang als Inhouse-Übersetzer gearbeitet. Das gefiel mir besser, freies Wochenende, Feierabend, der den Namen verdient, Distanz zur Arbeit (die ja meist inhaltlich nicht sonderlich sinnvoll ist, wenn ich z. B. an die Gehirnwäsche-HR-Handbücher denke, die ich manchmal zu übersetzen habe. Als Übersetzer muss man schon ein wenig masochistisch veranlagt sein )

Liebe Grüße noch weiter in den Süden

[Edited at 2007-06-22 14:56]
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Heinrich Pesch
Heinrich Pesch  Identity Verified
Finland
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Hart bleiben Jun 25, 2007

Agenturen aus Billiglohnländern werden uns normal bezahlen, wenn wir sie dazu zwingen, d.h. unverschämte Angebote unbeachtet lassen.
Leider glauben manche von uns, wir täten denen einen Gefallen, aber letztendlich geht der Nutzen ja an die Auftraggeber weiter, die in Europa und Nordamerika sitzen und den Kostenvorteil an ihre Aktionäre auszahlen.
Gleicher Preis für alle!
Gruß
Heinrich


 
Wenjer Leuschel (X)
Wenjer Leuschel (X)  Identity Verified
Taiwan
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Viel Glück! Jun 25, 2007

Undoer of Babel wrote:

Ich arbeite vor allem für eine indische Firma, die gerade mal 3 US-Cent pro Wort bezahlen kann, denn der günstige Preis ist ja der einzige Grund, warum all die gierigen Multis aus Europa und den USA nach Indien und China ausweichen. Die Leute dieser Agentur sind sehr nett, weshalb ich auch nicht nein sage. Aber man merkt, dass sie selbst wie Sklaven behandelt werden, sie sitzen nicht selten bis 10pm im Büro, um die Eilaufträge (wobei ich mich immer frage, was an 95 % dieser Aufträge denn so eilig sein soll?!) für Amerikaner fertig zu stellen, während sich diese ins Fäustchen lachen. Über diese Agentur habe ich schon für die größten Multis der Forbes-Liste übersetzt, die es sich wirklich leisten könnten, anständige Preise zu bezahlen.

Mir gefallen die Entwicklung und der Umgang in der Übersetzungsbranche überhaupt nicht und ich erwäge bereits, mich beruflich völlig umzuorientieren - oder selbst nach Indien zu ziehen und dort als fest Angestellter zu übersetzen. Dann erspare ich mir wenigstens den Papierkram, die ständigen Probeübersetzungen und die finanziellen Sorgen, mit denen man als Freiberufler zusätzlich belastet wird.


Hallo Undoer of Babel!

Ich kann es gut verstehen, warum manche meiner Kunden mich fragten, ob ich daran interessiert wäre, mit ihnen ein Übersetzungsbüro in China aufzuziehen. Man glaubt in Europa eben, daß es in Asien billiger sein muß. Pustekuchen. Wir sind auch von der Globalisierung betroffen. Durch sie sind die Preise in Asien auch ziemlich gestiegen und sie macht unserem Leben als Freilanzer hier genau so stressig wie in Europa.

Haste vielleicht nachgeforscht, wer die Multis sind? Es wäre unfein, ihre Namen hier zu nennen. Aber genau sind sie, die uns das Dulce-Vida verderben. Ein Kampf gegen sie kann man leider auch nicht führen, weil es eben keine gute Methode gibt, Kapitalismus zu zerschlagen. Das haben die Kommunisten schon bewiesen.

Was bleibt uns übrig? Na ja, sei froh, daß man noch am Leben ist. Man guckt nicht in die Röhre. Es gibt immerhin noch Arbeit. Mir ist eigentlich wurscht egal, wie die Preise von 0.08 bis zu 0.24 Euro für unterschiedliche Texte und Services in meinem Sprachpaar schwanken. Es sind ja immer Kunden: alte Kunden, die hin und wieder zurück zu einem kommen, und neue Kunden, die sich irgendwann mal bei einem aufkreuzt und wieder verschwinden.

Alle Kunden haben fast das gleiche Überlebensproblem wie wir. Also, entweder kommt einer mit einem anständigen Preis, der einem passt, oder eben nicht. Da kommt ja gleich ein anderer. So überlebt man doch. Ackern muß man sowieso, ob in Europa, Amerika oder Asien.

Das Kapital geht dorthin, wo es Erträge erwartet werden, und der Mensch dorthin, wo es Arbeit gibt. Wenn ich ein Deutscher und noch jung wäre, würde ich mit den Multis dorthin ziehen, wohin der Wind weht.

Heinrich hat schon recht. Wenn man in Europa lebt, muß man eben europäische Preise verlangen. Die Multis mögen in Asien sitzen, aber Kassieren tuen sie ja in Europa und Nordamerika. Sie müssen also anständige europäische oder amerikanische Preise zahlen, selbst wenn sie aus einem Büro in Asien Operation global betreiben.

Also, Kopf hoch, Augen auf und Ohren steif halten. Es wird schon was. Ich wünsche dir viel Glück!

Grüße aus dem Backofenland Taiwan,
Wenjer


 
Undoer of Ba (X)
Undoer of Ba (X)  Identity Verified
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Antwort an Heinrich Jun 26, 2007

Hallo Heinrich,

sehe ich ähnlich. Klar basiert der Boom in Indien etc. nicht zuletzt auf dem Preisvorteil dank der niedrigen Lohnkosten, aber man sollte für diese Länder wohl einen Mittelweg zwischen Dumping und Wucher finden. Ich finde es ok, Indern z. B. 25% weniger zu berechnen, aber nicht 250% weniger.
Die Inder, Chinesen etc. sind auch selbst gefragt, sich nicht von den Multis ausbeuten zu lassen. Muss ja nicht sein, dass man in Entwicklungsländern in Nachtschicht ü
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Hallo Heinrich,

sehe ich ähnlich. Klar basiert der Boom in Indien etc. nicht zuletzt auf dem Preisvorteil dank der niedrigen Lohnkosten, aber man sollte für diese Länder wohl einen Mittelweg zwischen Dumping und Wucher finden. Ich finde es ok, Indern z. B. 25% weniger zu berechnen, aber nicht 250% weniger.
Die Inder, Chinesen etc. sind auch selbst gefragt, sich nicht von den Multis ausbeuten zu lassen. Muss ja nicht sein, dass man in Entwicklungsländern in Nachtschicht übersetzen lässt, nur weil die Amerikaner auf der anderen Seite der Erde leben. Bei 95 % der Texte geht es nur ums Geld, nicht ums Überleben.

Liebe Grüße

Heinrich Pesch wrote:

Agenturen aus Billiglohnländern werden uns normal bezahlen, wenn wir sie dazu zwingen, d.h. unverschämte Angebote unbeachtet lassen.
Leider glauben manche von uns, wir täten denen einen Gefallen, aber letztendlich geht der Nutzen ja an die Auftraggeber weiter, die in Europa und Nordamerika sitzen und den Kostenvorteil an ihre Aktionäre auszahlen.
Gleicher Preis für alle!
Gruß
Heinrich


[Edited at 2007-06-26 20:10]
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Undoer of Ba (X)
Undoer of Ba (X)  Identity Verified
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Antwort an Wenjer Jun 26, 2007

Hallo Wenjer,

Tja, Taiwan ist kostenmäßig natürlich nicht mit Indien zu vergleichen, Taiwan spielt in einer Liga mit Japan, Südkorea und Singapur.

Ich brauche nicht nachzuforschen, ich kenne die Multis beim Namen. Aber ich poste natürlich nicht ihre Namen
Ich denke, bei ihnen herrscht ein gemischtes Gefühl: einerseits beuten sie bewusst aus, um Geld zu sparen, und andererseits verstehen sie s
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Hallo Wenjer,

Tja, Taiwan ist kostenmäßig natürlich nicht mit Indien zu vergleichen, Taiwan spielt in einer Liga mit Japan, Südkorea und Singapur.

Ich brauche nicht nachzuforschen, ich kenne die Multis beim Namen. Aber ich poste natürlich nicht ihre Namen
Ich denke, bei ihnen herrscht ein gemischtes Gefühl: einerseits beuten sie bewusst aus, um Geld zu sparen, und andererseits verstehen sie sich als 'Entwicklungshelfer', so nach dem Motto, tun wir den armen Indern etc. einen Gefallen und geben wir wenigstens einigen von ihnen Arbeit, sie müssten uns dankbar sein.

Na ja, mal gucken, wie es bei mir weitergeht ...

Guten Morgen ans andere Ende der Welt



[Edited at 2007-06-26 20:21]
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Undoer of Ba (X)
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Antwort an Forest Jun 26, 2007

Hallo,

ja, habe auch schon davon gehört, dass diese Studiengänge zusammengestrichen werden. An der FH München z. B., wenn ich mich richtig erinnere.
Man muss aber auch sagen, dass es vielen Firmen auch egal ist, ob ihre Texte muttersprachlich klingen. In Indien etwa, wo ich mich ein wenig auskenne, lassen viele Software-Schmieden ihre deutschen Benutzeroberflächen und Handbücher von Indern mit Sprachzertifikat vom Goethe-Institut anfertigen.
Es geht dort nur noch d
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Hallo,

ja, habe auch schon davon gehört, dass diese Studiengänge zusammengestrichen werden. An der FH München z. B., wenn ich mich richtig erinnere.
Man muss aber auch sagen, dass es vielen Firmen auch egal ist, ob ihre Texte muttersprachlich klingen. In Indien etwa, wo ich mich ein wenig auskenne, lassen viele Software-Schmieden ihre deutschen Benutzeroberflächen und Handbücher von Indern mit Sprachzertifikat vom Goethe-Institut anfertigen.
Es geht dort nur noch darum, halbwegs die Botschaft rüberzubringen, salopp formuliert.

Ich habe den Eindruck, dass Übersetzen ein relativ undankbarer Beruf ist. Man konzentriert sich und ackert den halben Tag wie in kaum einem anderen Beruf, aber Anerkennung und Entlohnung stehen in keinem Verhältnis hierzu, genau umgekehrt wie bei so manchem anderen Beruf.

Manchmal komme ich mir vor wie ein Müllschlucker. Fehlerhafte, schlampige und nicht selten sinnlose Originale gibt man in mich hinein, und am besten schon gestern soll ich das Ganze in eine perfekte deutsche Übersetzung umgewandelt haben (Wochenende, was ist das denn?!), gleich der wundersamen Brotvermehrung

Tschüss



[Edited at 2007-06-26 20:34]

[Edited at 2007-06-26 20:36]
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E.LA
E.LA
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+ ...
Preise im Keller Jun 30, 2007

Ich habe kürzlich einen Artikel gelesen, den ich jetzt leider nicht mit www. Angaben finden kann.
Darin wurde über eine Untersuchung berichtet, aus der hervorgeht, dass viele Firmen bereit sind, für einen Handwerker, der einen Wasserhahn repariert, mehr Geld auszugeben als für einen Übersetzer, der schwierige Fachtexte übersetzt.

Übersetzer, die schon über 20 Jahre im Geschäft sind, haben zumeist
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Ich habe kürzlich einen Artikel gelesen, den ich jetzt leider nicht mit www. Angaben finden kann.
Darin wurde über eine Untersuchung berichtet, aus der hervorgeht, dass viele Firmen bereit sind, für einen Handwerker, der einen Wasserhahn repariert, mehr Geld auszugeben als für einen Übersetzer, der schwierige Fachtexte übersetzt.

Übersetzer, die schon über 20 Jahre im Geschäft sind, haben zumeist ihre Direktkunden mit fairem Preisniveau. Das sind dann die Leute, die schlaue Tipps geben, wie man sich verbessern könnte, mit besserem Profil usw. usf., als wäre es ein individuelles Problem.
Für Neuanfänger ist die Branche gnadenlos. Es wird zu einem sehr hohen Teil nur noch auf den Preis geachtet.

D.h. im Klartext auch nur die Übersetzeragenturen haben Chancen, die günstige Tarife anbieten - und das wird dann nach unten weitergetragen.

In Webportalen, in denen sich die ganze Welt tummelt, kann man keine fairen Preise erwarten.

Du solltest proz.com hauptsächlich als Portal ansehen, in dem du sprachliche Hilfen erhalten und geben kannst. Dann wird dir proz.com gefallen.
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