Vertrag über freie Mitarbeit - Informationspflichten des Auftragnehmers
Thread poster: Birgit Richter
Birgit Richter
Birgit Richter  Identity Verified
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Jul 1, 2007

Ich habe einen Vertrag einer Agentur vorliegen, die vom Auftragnehmer Informationen zur Beurteilung der Frage, ob dieser in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen könnte (dabei wird nicht deutlich, ob die Agentur das Verhältnis zw. der Agentur und dem Auftragnehmer meint, oder ein eventuelles Arbeitsverhältnis, in welchem der Auftragnehmer unter Umständen neben seiner freiberuflichen Tätigkeit stehen könnte) verlangt. Außerdem behält sich die Agentur vor, für den Au... See more
Ich habe einen Vertrag einer Agentur vorliegen, die vom Auftragnehmer Informationen zur Beurteilung der Frage, ob dieser in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stehen könnte (dabei wird nicht deutlich, ob die Agentur das Verhältnis zw. der Agentur und dem Auftragnehmer meint, oder ein eventuelles Arbeitsverhältnis, in welchem der Auftragnehmer unter Umständen neben seiner freiberuflichen Tätigkeit stehen könnte) verlangt. Außerdem behält sich die Agentur vor, für den Auftragnehmer als dessen Vertreter in einem eventuellen, durch die Agentur eingeleiteten, "sozialversicherungsrechtlichen Statusverfahren" Erklärungen abzugeben. Und die Agentur verlangt Nachweise über Absicherung gegen Krankheit sowie über Altersvorsorge, wobei diese "der Art nach" der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung entsprechen soll.

Auf der anderen Seite geht aus dem Vertrag klar hervor, dass der Auftragnehmer "frei" und "selbständig" für die Agentur tätig wird, und dass er für Steuern und Abgaben selbst verantwortlich ist.

Mich interessiert die Meinung von Kollegen.

Vielen Dank.
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Martin Wenzel
Martin Wenzel
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Gebranntes Kind... Jul 2, 2007

Hallo Birgit,

Ich glaube, Du hast es hier mit einer Agentur zu tun, die bereits negative Erfahrungen gemacht hat oder ganz schlau und sich für sämtliche Eventualitäten absichern wollen. Das Thema ist Scheinselbständigkeit.

Die Frage, die ich mir hier stellen würde, wäre wohl auch: Welche Rechte habe ich gegenüber dieser Agentur als Übersetzer? Werden sie mich pünktlich bezahlen? Was, wenn diese Agentur ihren Zahlungsverpflichtungen mir gegenüber nicht nachkomm
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Hallo Birgit,

Ich glaube, Du hast es hier mit einer Agentur zu tun, die bereits negative Erfahrungen gemacht hat oder ganz schlau und sich für sämtliche Eventualitäten absichern wollen. Das Thema ist Scheinselbständigkeit.

Die Frage, die ich mir hier stellen würde, wäre wohl auch: Welche Rechte habe ich gegenüber dieser Agentur als Übersetzer? Werden sie mich pünktlich bezahlen? Was, wenn diese Agentur ihren Zahlungsverpflichtungen mir gegenüber nicht nachkommt, kann ich dann davon ausgehen, dass ich wohl NIEEEEEEEEEEEEEEE an mein Geld kommen werde, da sie sich rechtlich doppelt und dreifach abgesichert haben?

Ich war mal bei einem Job-Interview, da wollten der Arbeitgeber Bankauszüge von mir sehen. Die Schweizer würden jetzt sage: Des hat mi abera voll abglöscht...

Danach hatte ich offen gestanden keine Lust für die zu arbeiten. Auch An- und Abfahrt zum Job-Interview musste ich selbst bezahlen, da ich vorher nicht ein entsprechendes Formular eingereicht hatte...

Man erntet im Leben, was man sät. Diese Agentur sät volles Misstrauen gegenüber potentiellen freien Mitarbeitern...

Hier zu vertrauen, würde mir schwer fallen...
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Steffen Walter
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Krankenversicherung und Altersvorsorge Jul 2, 2007

Hallo Birgit,

nur ein Kommentar: Da Du als Freiberuflerin nicht sozialversicherungspflichtig bist, bist Du (zumindest in Deutschland) hundertprozentig selbst dafür verantwortlich, ob und in welchem Umfang Du krankenversichert bist und Rücklagen für die Altersvorsorge bildest (dass das absolut notwendig ist, steht außer Frage). Folglich gehen diese Angelegenheiten die Agentur absolut nichts an.

Viele Grüße
Steffen

[Edited at 2007-07-02 07:57]


 
Nicole Schnell
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In memoriam
Scheinselbständig / angestelltenähnlich Jul 2, 2007

Deine Agentur macht genau das Richtige und will sich nur absichern. Das Dings ist völlig in Ordnung.

Vor einem Jahrzehnt oder so wurden in D Gesetze eingeführt, von denen ich während einer 6-monatigen Aufenthaltszeit in D während der Wartezeit auf meine US-Papiere betroffen war:

Ich habe während des D-Aufenthalts als Designer / Kreativdirektorin freiberuflich für eine Werbeagentur gearbeitet. Mein Auftraggeber, für den ich freiberuflich fast Vollzeit gearbeitet h
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Deine Agentur macht genau das Richtige und will sich nur absichern. Das Dings ist völlig in Ordnung.

Vor einem Jahrzehnt oder so wurden in D Gesetze eingeführt, von denen ich während einer 6-monatigen Aufenthaltszeit in D während der Wartezeit auf meine US-Papiere betroffen war:

Ich habe während des D-Aufenthalts als Designer / Kreativdirektorin freiberuflich für eine Werbeagentur gearbeitet. Mein Auftraggeber, für den ich freiberuflich fast Vollzeit gearbeitet habe, hat nach einiger Zeit angemerkt, dass ich, (da fast Vollzeit) meinen Werkvertrag in einen Angestelltenvertrag umwandeln muss, weil sie sonst laut Gesetz Steuern und Sozialversicherung für mich zahlen müssen oder sie machen sich strafbar. Weil fast Vollzeit, waren die 75 Prozent meiner verfügbaren Arbeitszeit überschritten. Das ist eine Weile her, ich bin gerade am Schuften und habe nicht viel Zeit, aber hier ist ein Online-Forum, das Deine Fragen vielleicht beantwortet, oder wenigstens bei der Informationssuche hilft:

http://www.wer-weiss-was.de/theme128/article4100604.html
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Ralf Lemster
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Klärung des SV-Status Jul 2, 2007

Sorry, Steffen...
Folglich gehen diese Angelegenheiten die Agentur absolut nichts an.

...das sehe ich etwas anders.

Die "Hexenjagd" bezüglich der Behandlung freiberuflicher Mitarbeiter als "Scheinselbstständige" ist zwar zum Glück größtenteils geschlagen - insofern dürfte die verlangte Erklärung eher etwas weit gehend sein. Aber die Tatsache, inwieweit ein durchaus einer gewissen Weisungsbefugnis des Auftraggebers unterliegender freier Mitarbeiter eigenständig am Markt tätig und ggf. selbst sozialversicher ist, geht die Agentur durchaus was an (weiß ich aus eigener Erfahrung).


Im Zweifel hilft auch hier eine Nachfrage beim (eigenen) Steuerberater.

LG Ralf


 
Marc P (X)
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Frage an Ralf Jul 2, 2007

Ralf Lemster wrote:

Aber die Tatsache, inwieweit ein durchaus einer gewissen Weisungsbefugnis des Auftraggebers unterliegender freier Mitarbeiter eigenständig am Markt tätig und ggf. selbst sozialversicher ist, geht die Agentur durchaus was an (weiß ich aus eigener Erfahrung).


Hast du hierfür einen Link o.ä., Ralf? Für mein Verständnis ist es genau das Gegenteil: gerade weil er selbständig ist, darf ein Selbständiger entscheiden, ob und wie er sich kranken- bzw. rentenversichert. Das Vorgehen des Auftraggebers in diesem Fall werte ich gerade als Eingriff in die Selbständigkeit und eher als Hinweis, dass ein Scheinselbständigkeitsverhältnis doch besteht.

Was das eigenständige Auftreten am Markt betrifft, da gebe ich dir Recht: das müsste der Selbständige evtl. nachweisen können, ebenso eine gewisse Weisungsunabhängigkeit, mehrere Kunden, usw..

Die von Nicole beschriebene Situation ist eine Andere: Da bestand schon eine Scheinselbständigkeit und es ging darum, dies anzuerkennen und ein ordentliches Angestelltenverhältnis zustande kommen zu lassen.

Marc


 
Ralf Lemster
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Entscheidungsfreiheit gewährleistet Jul 2, 2007

Hallo Marc,

Hast du hierfür einen Link o.ä., Ralf?

Leider nein - im Wesentlichen deswegen, weil ich momentan auf Dienstreise bin.

Für mein Verständnis ist es genau das Gegenteil: gerade weil er selbständig ist, darf ein Selbständiger entscheiden, ob und wie er sich kranken- bzw. rentenversichert. Das Vorgehen des Auftraggebers in diesem Fall werte ich gerade als Eingriff in die Selbständigkeit und eher als Hinweis, dass ein Scheinselbständigkeitsverhältnis doch besteht.

Diese Entscheidungsfreiheit bleibt natürlich unberührt - mein Hinweis bezog sich auf das berechtigte Interesse des Auftraggebers, Informationen zur Situation zu erhalten.

Ich halte die angesprochene Vereinbarung ebenfalls für zu weitgehend; ich vermute, dass das eine "Altlast" aus den Anfängen der Scheinselbstständigkeits-Diskussion ist.

LG Ralf


 
Steffen Walter
Steffen Walter  Identity Verified
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Genau, Ralf Jul 2, 2007

Ralf Lemster wrote:
Ich halte die angesprochene Vereinbarung ebenfalls für zu weitgehend; ich vermute, dass das eine "Altlast" aus den Anfängen der Scheinselbstständigkeits-Diskussion ist.


Dem stimme ich uneingeschränkt zu.

Die Einholung von Informationen über eine bestehende oder nicht bestehende Krankenversicherung und Altersvorsorge eines Freiberuflers dürfte (in Deutschland) auch eher ungeeignet sein, eine mögliche Scheinselbstständigkeit auszuschließen. Viel eher dafür geeignet erscheinen mir Nachweise, dass der Freiberufler für mehrere Kunden tätig ist, was seine Entscheidungsfreiheit am Markt unter Beweis stellt. Bei einer Weitergabe solcher Details birgt dies aber wiederum (für den Freiberufler) das Risiko der rechtswidrigen Verwendung dieser Informationen durch die Agentur (Stichwort Kundenabwerbung).

Steffen


 
Marc P (X)
Marc P (X)  Identity Verified
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Vertrag über freie Mitarbeit - Informationspflichten des Auftragnehmers Jul 2, 2007

Steffen Walter wrote:

Viel eher dafür geeignet erscheinen mir Nachweise, dass der Freiberufler für mehrere Kunden tätig ist, was seine Entscheidungsfreiheit am Markt unter Beweis stellt. Bei einer Weitergabe solcher Details birgt dies aber wiederum (für den Freiberufler) das Risiko der rechtswidrigen Verwendung dieser Informationen durch die Agentur (Stichwort Kundenabwerbung).


Eine Bescheinigung des Steuerberaters über den prozentualen Anteil des Auftraggebers am Gesamtumsatz des Auftragnehmers, ggf. auch lediglich darüber, dass die gesetzlich festgelegte Schwelle zur Scheinselbständigkeit nicht erreicht sei, dürfte reichen,

Marc


 


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