Absetzbarkeit des Arbeitszimmers bei Dolmetschern
Thread poster: Francesco Amormino (X)
Francesco Amormino (X)
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Mar 1, 2008

Liebe Kolleginnen u. Kollegen,

eine Kollegin von mir hat das Problem, dass ihr ihre Steuerberaterin
mitgeteilt hat, dass sie ab 2007 ihr Arbeitszimmer - das sich in der
von ihr gemieteten Wohnung befindet - nicht mehr absetzen kann. Sie
kann jedoch alle anderen Bürokosten - d.h. PC, Software, etc.-
absetzen. Irgendwie scheint mir das etwas eigenartig zu sein. Ich gehe
mal davon aus, dass die Steuerberaterin meinte, dass die Kollegin als
Dolmetsch
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Liebe Kolleginnen u. Kollegen,

eine Kollegin von mir hat das Problem, dass ihr ihre Steuerberaterin
mitgeteilt hat, dass sie ab 2007 ihr Arbeitszimmer - das sich in der
von ihr gemieteten Wohnung befindet - nicht mehr absetzen kann. Sie
kann jedoch alle anderen Bürokosten - d.h. PC, Software, etc.-
absetzen. Irgendwie scheint mir das etwas eigenartig zu sein. Ich gehe
mal davon aus, dass die Steuerberaterin meinte, dass die Kollegin als
Dolmetscherin den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ausserhalb des
Arbeitszimmers hat. Auch wenn ich diese Aussage nicht nachvollziehen
kann, denn schliesslich bereiten wir unsere Einsätze in unserem
Arbeitszimmer...

Kann jemand diese Aussage bestätigen bzw. dem etwas entgegensetzen.
Wie sieht es bei Euch aus? Kann jemand von ähnlichen "Abenteuern"
berichten.

Ich freue mich auf einen regen Austausch.

Nächste Woche werde ich auf jeden Fall auch mal mit meinem
Steuerberater darüber sprechen.

Einen herzlichen Gruß und eine schönes Wochenende

Francesco Amormino
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Jalapeno
Jalapeno
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... Mar 1, 2008

Es besteht tatsächlich seit 2007 eine solche Regelung:

"Seit dem 1.1.2007 wird ein häusliches Arbeitszimmer nur noch dann steuerlich anerkannt, wenn es den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstellt."

von http://www.finanztip.de/recht/steuerrecht/stsp-arb.htm

Vermutlich geht die Steuerberaterin davon aus, dass
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Es besteht tatsächlich seit 2007 eine solche Regelung:

"Seit dem 1.1.2007 wird ein häusliches Arbeitszimmer nur noch dann steuerlich anerkannt, wenn es den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit darstellt."

von http://www.finanztip.de/recht/steuerrecht/stsp-arb.htm

Vermutlich geht die Steuerberaterin davon aus, dass die Tätigkeit eines Dolmetschers hauptsächlich außer Haus stattfindet, was sie ja auch zu einem Großteil tut. Sicher, die Vorbereitung findet im Arbeitszimmer statt, aber im Zweifelsfall muss man das dem Steuerberater und später dem Finanzamt erst einmal erklären. Versuchen würde ich es auf jeden Fall ....

NB: Dies ist meine laienhafte Sicht der Dinge, keine Beratung.
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Richard Schneider (X)
Richard Schneider (X)  Identity Verified
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Die meisten Steuerberater haben keine Ahnung Mar 2, 2008

Das häusliche Arbeitszimmer ist "Mittelpunkt unserer beruflichen Tätigkeit". Es sei denn, man hat ein externes Büro gemietet. Also können wir die Kosten wie bisher als Betriebsausgabe geltend machen.

Dass dabei neuerdings zwischen Dolmetschern und Übersetzern unterschieden wird, kann ich mir nicht vorstellen. Auch Dolmetscher hocken die meiste Zeit in ihrem Arbeitszimmer. Und selbst wenn nicht: Bei Handwerksbetrieben und Taxiunternehmen wird die eigentliche Arbeit ebenfalls au�
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Das häusliche Arbeitszimmer ist "Mittelpunkt unserer beruflichen Tätigkeit". Es sei denn, man hat ein externes Büro gemietet. Also können wir die Kosten wie bisher als Betriebsausgabe geltend machen.

Dass dabei neuerdings zwischen Dolmetschern und Übersetzern unterschieden wird, kann ich mir nicht vorstellen. Auch Dolmetscher hocken die meiste Zeit in ihrem Arbeitszimmer. Und selbst wenn nicht: Bei Handwerksbetrieben und Taxiunternehmen wird die eigentliche Arbeit ebenfalls außerhalb des Büros ausgeführt.

Die neue gesetzliche Regelung soll lediglich verhindern, dass Angestellte weiterhin die Rumpelkammer, in der zu Hause ein alter Computer für die Kinder steht, als "Arbeitszimmer" von der Steuer absetzen.

Das grundsätzliche Problem bei Steuerberatern besteht darin, dass sie sich in unserer Branche nicht auskennen.

Das kann man ihnen nicht einmal vorwerfen. Unsere Branche ist mit 20.000 bis 25.000 Sprachmittlern in Deutschland sehr klein. (Dies entspricht der Zahl der Apotheken.) Die meisten Steuerberater kommen in ihrem ganzen Leben nicht mit Übersetzern in Berührung.

Bei fast allen Steuerberatern ist vom Übersetzer deshalb zunächst einmal Aufklärungsarbeit zu leisten (dass Übersetzer Freiberufler sind, dass Auslandsrechnungen in der Regel ohne Mehrwertsteuer ausgestellt werden, dass wir keine "zusammenfassenden Meldungen" in Saarlouis abgeben müssen usw.).

Wie schlecht (das ist der Regelfall) oder wie gut (das ist die Ausnahme) ein Steuerberater ist, merkt man erst dann, wenn man diesen wechselt oder wenn es darum geht, existenzbedrohende Probleme mit dem Finanzamt zu lösen.

Ich habe bislang vier Steuerberater gehabt. Nur einer davon ist wirklich gut. Die anderen kannten sich nicht aus und haben Dienst nach Vorschrift gemacht. Am schlechtesten beraten war ich in den Jahren, in denen ich gar keinen Steuerberater bemüht und die Erklärung selbst angefertigt habe. (Schade um das verschenkte Geld.)

Mein Steuerberater sitzt in einer Übersetzerhochburg, hat zahlreiche Einzelübersetzer und Übersetzungsunternehmen als Kunden, kennt unsere Branche wie seine Westentasche und kann deshalb auch mit brancheninternen Vergleichszahlen aufwarten.

So hat er mir einmal zu meiner Überraschung erklärt: "Ihr Gewinn ist zu hoch. Bei Übersetzern liegt der normalerweise zwischen X und Y Prozent. Schauen wir mal, wie wir den herunterbekommen."

Genau so sollte es im Idealfall sein. Der Steuerberater nicht als Erbsenzähler, sondern als Steuerexperte, Branchenkenner und Unternehmensberater.

Mein Tipp: Mehrere Steuerberater ausprobieren und dann zum besten zurückzukehren.
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Francesco Amormino (X)
Francesco Amormino (X)  Identity Verified
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TOPIC STARTER
Hier eine Argumentationsliste für Dolmetscher Mar 2, 2008

Richard Schneider wrote:


Das grundsätzliche Problem bei Steuerberatern besteht darin, dass sie sich in unserer Branche nicht auskennen.


Genau so sollte es im Idealfall sein. Der Steuerberater nicht als Erbsenzähler, sondern als Steuerexperte, Branchenkenner und Unternehmensberater.





Wenn ich mich frage, wie wir unser Arbeitszimmer verwenden, fallen mir
spontan eine Reihe von Punkte ein:

1. Gründliche Vorbereitung (Internetrecherchen, Durchlesen der vom
Kunden zur Verfügung gestellten Materials und Fachzeitschriften,
Erstellung von Glossaren) von Aufträgen;

2. Nach einem Dolmetschauftrag: Nachbearbeitung der entsprechenden
Glossare

3. Weiterbildung (z.B. Fachliteratur, Fachzeitschriften, etc.)

4. Beantworten von E-Mails, Faxmeldungen, Anrufen

5. Kundenakquise mittels Telefon, E-Mail, Fax, Briefe, etc.

6. Vorbereitung von Kundenakquisen, Werbestrategien, etc.

7. Aktualisierung und ggf. Erweiterung der eigenen Webpage

8. Aktualisierung des eigenen Lebenslaufs

9. Schriftverkehr mit anderen Kollegen (Vorbereitung gemeinsamer
Einsätze, Kontaktplege - Stichwort "Networking")

10. Erstellung von Rechnungen

11. Entwicklung bzw. neuer strategischer Werbemaßnahmen

12. Verfeinern der eigenen Dolmetschtechnik (z.B. Notiztechnik)

13. Schriftliche Übersetzungen (die einen mehr, die anderen weniger)

14. Buchhalterische Tätigkeiten


Bestimmt könnte man diese Liste noch beliebig erweitern. Hier sind die
"alten Hasen" gefragt Aber ich denke, dass das alles ziemlich
zeitintensive, nicht direkt bezahlte Tätigkeiten bzw. Investitionen
sind, die ja nicht auf der Straße oder auf dem Weg zu bzw. vom Kunden
stattfinden können.

Unser Beruf als Dolmetscher besteht also nicht nur aus dem reinen Dolmetschen
außerhalb unseres Arbeitszimmers. Aus meiner Sicht ist
die reine Dolmetschtätigkeit nur die "Spitze des Eisbergs".

Was ich persönlich untertreichen möchte, ist dass wir uns nicht in
eine Ecke treiben lassen sollten. Wir können nicht einfach auf den
reinen Dolmetschprozess reduziert werden.

Ich glaube, jeder kann sich in den meinsten von mir aufgelisteten
Punkten wiederspiegeln und möchte vielleicht auch einen konstruktiven
Beitrag dazu leisten.

Gesetze und Regelungen werden - aus meiner persönlichen Sicht - oft
pauschal von Menschen gemacht, denen - aus welchen Gründen auch immer
- an den erforderlichen, tiefgründigen Kenntissen mangelt. Es liegt
bei den Betroffenen - also bei uns - , Gesetzgeber, Steuerberater und
Co. entsprechend zu sensibilisieren.


 
Nicole Schnell
Nicole Schnell  Identity Verified
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In memoriam
Das Büro muss für mindestens 50% der gesamten Arbeitszeit genutzt werden Mar 2, 2008

Dazu gibt es ein paar interessante Links im Internet.

Beispielsweise:

http://www.steuerthek.de/tippsurteile/tipp0307.htm

"Ein Arbeitszimmer durchzusetzen, ist immer mit Arbeit verbunden. Speziell da 1996 die entsprechenden Vorschriften einschneidend verschärft wurden. Ein Arbeitszimmer kann nun nur noch dann abgesetzt werden, wenn es für mehr a
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Dazu gibt es ein paar interessante Links im Internet.

Beispielsweise:

http://www.steuerthek.de/tippsurteile/tipp0307.htm

"Ein Arbeitszimmer durchzusetzen, ist immer mit Arbeit verbunden. Speziell da 1996 die entsprechenden Vorschriften einschneidend verschärft wurden. Ein Arbeitszimmer kann nun nur noch dann abgesetzt werden, wenn es für mehr als 50 % der gesamten Arbeitszeit genutzt wird oder wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

...

Nebentätigkeiten haben den nützlichen Nebeneffekt, daß man die Kosten eines notwendigen Arbeitszimmers in unbegrenzter Höhe geltend machen. Jeder, der also wirklich steuerlich von seinem Zimmer profitieren möchte, sollte auf seinen Namen eine solche Tätigkeit anmelden: als Dolmetscher, Tütenkleber oder Tunichtgut, ganz egal. Wichtig ist nur, daß das Arbeitszimmer den Mittelpunkt Ihrer gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung bildet. Das heißt, mindestens 50 % Ihrer gesamten beruflich aufgewendeten Zeit haben Sie dort zu verbringen. Mit Arbeit oder mit anderen sinnvollen Tätigkeiten wie Schlafen, Schiffeversenken oder Fernsehen."

Ist übrigens nicht nur in Deutschland so. Als vor einigen Jahren für ein längerfristiges Projekt bei einem Kunden vor Ort gearbeitet habe, hat mir der Steuerberater auch einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Ob man die Aufzählung der Tätigkeiten oben witzig findet, sei natürlich dahingestellt...

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