Off topic: Friesisch, sorbisch und andere Muttersprachen Thread poster: Charlotte Blank
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Beitrag zum Internationalen Tag der Muttersprache (mit Links zu anderen einschlägigen Seiten): http://www.tagesschau.de/inland/muttersprache100.html 10.000 Menschen beherrschen in Deutschland die nordfriesische Sprache - das steht im jüngsten Weltatlas der bedrohten Sprachen, den der australische Linguist Christopher Moseley im Auftrag der Unesco herausge... See more Beitrag zum Internationalen Tag der Muttersprache (mit Links zu anderen einschlägigen Seiten): http://www.tagesschau.de/inland/muttersprache100.html 10.000 Menschen beherrschen in Deutschland die nordfriesische Sprache - das steht im jüngsten Weltatlas der bedrohten Sprachen, den der australische Linguist Christopher Moseley im Auftrag der Unesco herausgegeben hat: "Das Nordfriesische spielt in Deutschland eine einzigartige Rolle. Es ist ein sehr gutes Beispiel für eine Sprache, die sich abgetrennt hat - nämlich vom Südfriesischen, das in Holland gesprochen wird." An der Nordseeküste habe sich das Nordfriesische dann innerhalb der letzten beiden Jahrhunderte zu einer eigenständigen Sprache entwickelt. "Viele Norddeutsche sprechen es bewusst und versuchen so, die Sprache vor dem Aussterben zu bewahren, in Kiel wird Nordfriesisch sogar an der Uni unterrichtet." Mit ihrem renommierten Frisistik-Lehrstuhl will die Uni Kiel das Überleben des Nordfriesischen sichern. Denn weil es abgesehen von einem kleinen Streifen nördlich von Husum nur noch auf den Inseln Föhr, Amrum, Sylt, Helgoland und den Halligen gesprochen wird, stufen es die Linguisten als "ernsthaft bedroht" ein. Im Atlas hat Moseley das Nordfriesische mit einem dunklen Orange-Ton markiert - das heißt, um die Sprache steht es so schlecht wie um keine andere der insgesamt 13 Varietäten in Deutschland. Selbst das Sorbische in Ostdeutschland beherrschen noch doppelt so viele Menschen, nämlich 20.000. Die einzige slawische Sprache in Deutschland geht zurück auf die Zeit der Völkerwanderung. Dass das Sorbische lediglich als "gefährdet" eingestuft ist und nicht als "ernsthaft bedroht", dazu haben die Menschen in der Lausitz und im Spreewald viel beigetragen. Das Sorbische erfährt viel Unterstützung - die Sorben sind gut organisiert, es gibt Bücher in sorbischer Sprache, Sorbisch wird unterrichtet, und andere Traditionen werden gepflegt. Das Engagement der Sorben freut Linguisten wie Moseley, der in seinem Atlas zu einem traurigen Befund kommt: Von den 6000 Sprachen auf der Welt ist fast jede zweite vom Aussterben bedroht. Zu allen Zeiten haben Machthaber versucht, mit einer Sprache auch eine Kultur und eine Weltsicht auszumerzen, Kolonialisierung und Kriege trugen dazu bei, dass einige wenige Sprachen immer dominanter geworden sind. Im Internet sind praktisch nur zwölf Weltsprachen vertreten, tausende andere kommen im Netz gar nicht vor. Selbst das Bairische, das - wenn man die Varietäten in Österreich, der Schweiz und Südtirol dazunimmt -, von immerhin 16 Millionen Menschen gesprochen wird, ist im Unesco-Atlas als "unsicher" eingestuft. Doch die Bayern haben da einen ganz besonderen Schutzmechanismus entwickelt, meint der Sprachwissenschaftler - und lacht: "Deutschland ist ein bisschen wie Frankreich: Es gibt große Diversitäten, und hier wie dort treffen wir eine Art inneren Nationalismus an. So behaupten zum Beispiel viele Menschen, die bayerisch sprechen, dass ihre Sprache etwas Besonderes sei und viel näher an jener Art Deutsch, die in Österreich gesprochen wird. Deshalb ist das Bayerische auch nicht so stark gefährdet. Im Gegenteil: Dieser Stolz zeigt, dass das Bayerische bei ganz guter Gesundheit ist. Das macht uns nicht wirklich Sorgen." ▲ Collapse | | |
Kiel is cool. | Feb 21, 2009 |
Es freut mich, dass mein (Haupt-)Arbeitgeber, CAU Kiel, sich mit so etwas beschäftigt. Mien Fru snaakt op plaat un ik kann dat so en beten verstohn... aber Friesisch ist eine Sache für sich. | | |
fsh Local time: 02:55 French to German Interessanter Bericht | Feb 22, 2009 |
Hallo, danke für den interessanten Beitrag. Charlotte Blank wrote: Denn weil es abgesehen von einem kleinen Streifen nördlich von Husum nur noch auf den Inseln Föhr, Amrum, Sylt, Helgoland und den Halligen gesprochen wird, stufen es die Linguisten als "ernsthaft bedroht" ein. Im Atlas hat Moseley das Nordfriesische mit einem dunklen Orange-Ton markiert - das heißt, um die Sprache steht es so schlecht wie um keine andere der insgesamt 13 Varietäten in Deutschland. Ich dachte immer, daß das Saterfriesische (Ostfriesisch) mit einer Sprecherzahl von 1500 bis 2500 Menschen noch bedrohter sei. Übrigens spräche ich hier nicht von Varietäten. Die Friesische Sprachengruppe ist mit dem Westfriesischen, Nordfriesischen und Saterfriesischen eine eingeständige Unterfamilie, die zwar den germanischen Sprachen zuzurechnen ist, aber dem anglo-friesischen Zweig angehört. Die deutsche Sprache ist dagegen eine kontinentalgermanische Sprache. | | |
Auch das Platt ist gefährdet | Feb 26, 2009 |
Drei Jahre habe ich im "platten" Land (Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein) verbracht und dabei zu meinem Entsetzen festgestellt, dass die Jüngeren kaum noch Platt - gleichgültig welcher Variante - sprechen. Schade! Wenn Dereks Frau noch Platt spricht, ist das ein Glücksfall. Ich mag die Sprache sehr, konnte sie aber nicht mehr erlernen, da es keine Sprecher gab, die sie mir hätten beibringen können. Schade für den Norden! Da geht ein Stück eigener und liebenswerter Identität den ... See more Drei Jahre habe ich im "platten" Land (Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein) verbracht und dabei zu meinem Entsetzen festgestellt, dass die Jüngeren kaum noch Platt - gleichgültig welcher Variante - sprechen. Schade! Wenn Dereks Frau noch Platt spricht, ist das ein Glücksfall. Ich mag die Sprache sehr, konnte sie aber nicht mehr erlernen, da es keine Sprecher gab, die sie mir hätten beibringen können. Schade für den Norden! Da geht ein Stück eigener und liebenswerter Identität den Bach hinunter. Und nun zum Bayerischen. Zitat aus der Tagesschau: "Selbst das Bairische, das - wenn man die Varietäten in Österreich, der Schweiz und Südtirol dazunimmt -, von immerhin 16 Millionen Menschen gesprochen wird, ist im Unesco-Atlas als "unsicher" eingestuft." Autsch! Die Behauptung, eine Varietät des Bayrischen werde in der Schweiz gesprochen, ist äußerst kühn und weit hergeholt. Nicht nur das, sie ist einfach falsch! Ein typisches Beispiel schlampiger Recherche und oberflächlichen Journalismus. Sicher, in fast ganz Österreich (ausgenommen Vorarlberg und ein paar Dörfer um Reutte in Tirol) und in Südtirol wird ein südbayerischer Dialekt gesprochen. Die Sprache in der Schweiz, in Vorarlberg, in Liechtenstein und um Reutte herum hingegen ist jedoch Alemannisch. Da möchten sich die Bayern schön bedanken, wenn man ihnen das in die Schuhe schieben wollte - die verstehen das ja nicht einmal (aausgenommen die im Allgäu). Wir "übrigen" Sprecher des Deutschen übrigens auch nicht. Ich habe sechs Monate gebraucht, bis ich die Leute in Vorarlberg verstanden habe. Bei den Schweizern tu ich mir heute noch schwer. Dabei bin ich ein Sprecher des Südbayerischen. Zum Glück aber ist weder das Bayerische noch das Südbayerische vom Aussterben bedroht. Im Norden hingegen - ob Platt oder Friesisch - sieht es duster aus. Ich empfinde das als Unglück. Wenn aber eine Sprache nicht mehr im Alltag angewendet wird, dann ist sie ein Patient auf dem Totenbett, dann helfen auch akademische Programme nichts mehr. Dann sind die Wurzeln tot. Schade! ▲ Collapse | |
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Sylvie Eschkotte (X) Germany Local time: 02:55 German to French schweizerische Ausnahme... | Feb 27, 2009 |
Volkmar Hirantner wrote: Und nun zum Bayerischen. Zitat aus der Tagesschau: "Selbst das Bairische, das - wenn man die Varietäten in Österreich, der Schweiz und Südtirol dazunimmt -, von immerhin 16 Millionen Menschen gesprochen wird, ist im Unesco-Atlas als "unsicher" eingestuft." Autsch! So viel ich weiß, es wird doch noch in der Schweiz Bayerisch-Österreichisch (Tirolerdeutsch) gesprochen, und zwar in Samnaun (circa 800 Einwohner). http://www.gemeindesamnaun.ch/website/gp/gp02.asp Na ja, das macht wohl nicht die Sprache "sicherer" | | |