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German to English: How NFL "Socialism" Can Help Save European Soccer General field: Other Detailed field: Sports / Fitness / Recreation
Source text - German Nicht alles ist schlecht im Profifußball. Nicht alle Sitten korrumpiert, nicht alle Spieler verdorben. Es gab zuletzt auch den Franzosen Lucas Digne, der zu den spontanen freiwilligen Helfern nach dem Attentat in Barcelona gehörte. Es gab den Spanier Juan Mata mit der Idee, dauerhaft ein Prozent seines Gehalts an eine NGO abzugeben, und den Deutschen Mats Hummels, der sich dieser Initiative als Erster anschloss.
Und doch ist es vielen Liebhabern und auch manchem Akteur des Fußballs in diesen letzten Wochen sehr unbehaglich geworden. Das Wort „Irrsinn“ läuft in der Endlosschleife. Sicher, die Ablösesummen waren auch vorher oft monströs, Geldgeber dubios, Spieler egoistisch. Aber so wie die Welt im Zeitalter von Globalisierung und technologischer Revolution bisweilen aus den Fugen zu geraten scheint, so hat in einer wüsten Transferperiode jetzt auch der Fußball seinen Sommer der Extreme erlebt.
Wo es vorher nur einen Transfer über 100 Millionen Euro gegeben hatte (Pogba, 2016 für 105 + fünf Millionen möglicher Boni von Juve zu Manchester United), wurde diese Summe nun nicht nur mehr als verdoppelt (Neymar, Barcelona zu Paris St.-Germain, 222 Mio.), sondern gleich mehrfach überboten. Für Kylian Mbappe, den PSG als Schminke für die Financial-Fairplay-Regelung vorerst nur ausleiht, wird Paris nächsten Sommer 180 Mio. an Monaco überweisen. Ousmane Dembele wechselte für 105 + 43 Millionen von Dortmund nach Barcelona. Und bis zuletzt – in Spanien endete die Transferzeit Freitag, 24.00 Uhr – warb Barca bei Liverpool mit einem 150-Millionen-Angebot um Philippe Coutinho.
All diese Revirements wurden von Geld aus Katar bewegt, dessen Haus- und Hofverein PSG wiederum Barcelona das Portemonnaie füllte. Und sie wurden unterstützt von Spielern, die offen (der abgetauchte Dembele), versteckt (der in Liverpool verletzte, bei Brasiliens Nationalelf plötzlich fidele Coutinho) oder auf Anweisung (der prophylaktisch aus dem Kader genommene Mbappe) der Arbeit entsagten.
„Ein Spieler sollte immer einen Klub verlassen können, wenn er den Zeitpunkt für richtig hält“, meinte Neymar bei seiner Vorstellung in Paris. „Ich wollte es so, denn sonst wäre es mit dem Wechsel schwierig geworden“, begründete Dembele seinen Streik in Dortmund. Viele Spieler bemühen sich nicht mal mehr, zu vermitteln, was beileibe nicht nur Ultra-Ultras wichtig ist: ein Mindestmaß an Loyalität und Berechenbarkeit; etwas, wo Zuschauer mit Sehnsucht nach Identifikation anknüpfen können.
Der Klub-Fußball, kurzum, bewegt mehr Geld als je zuvor, aber moralisch steckt er in der Krise, und auf solche Krisen gibt es ja immer zwei Antworten: den Blick zurück oder den nach vorn. Alles bejammern, das teuer im Internetversand erstandene Vintage-Trikot aus dem Schrank holen und sich ein verlorenes Paradies zurückzusehnen, das es erstens so nie gab und zweitens garantiert nicht zurückkehren wird. Oder versuchen, zeitgemäße Lösungen zu finden. Die Welt ist nicht mehr dieselbe – wie sollen da im Fußball, bei all seiner nostalgischen Kraft, noch alte Rezepte funktionieren?
Jetzt helfen keine Regeln, sondern eine Vision
Die Nahrungsketten sind heute so klar wie im Biologieunterricht. Paris bedient sich in Barcelona, das in Dortmund, dieses in Gladbach, jenes in der Schweiz, die in Österreich, und dann kommt irgendwann sowieso nur noch Plankton. Cosi fan tutte – so machen es alle: Das Problem ist systemisch.
Zu seiner Lösung braucht es daher mehr als nur einzelne Regeln, es braucht eine Vision. Die Ausgangsfrage könnte lauten: Worum soll es primär gehen? Die Antwort könnte sein: um guten Sport. Versuch einer Definition: Ein Wettkampf, in dem begabte Individuen ihr Talent in maximaler Entfaltung zeigen und sich unter ähnlichen Voraussetzungen messen. Niemand käme beim 100-Meter-Lauf auf die Idee, einen Starter 120 Meter und den anderen 80 Meter rennen zu lassen. Genau das ist aber der Standard im Fußball-Alltag bei Spielen, sagen wir, zwischen Bayern (627 Millionen Euro Umsatz) und Mainz (105) oder Real Madrid und Apoel Nikosia.
Der Blick in die USA mag angesichts des momentanen Präsidenten derzeit nicht so populär sein. Dass dort die einzig national relevante NFL (kein anderes Volk interessiert sich groß für American Football) in etwa so viel Geld fakturiert wie die vier größten Ligen aus England, Deutschland, Spanien und Italien im globalen Fußball zusammen, bleibt aber schon bemerkenswert. Dass ihr dieses mit nur 16 Spieltagen plus ein paar Play-offs gelingt (gegenüber 34 bis 38 in Europa), nicht minder. Am interessantesten ist jedoch, warum ihr das gelingt: Ausgerechnet das erzkapitalistische Amerika gedeiht im Profisport auf real existierendem Sozialismus.
Durch Gehaltsobergrenzen, Ausgleichszahlungen und Transfervorzugsrechte für schwächere Teams herrscht eine Wettbewerbsgleichheit, von der man im Fußball nur träumen kann. In den letzten zehn Jahren gab es acht verschiedene Football-Champions. Im ähnlich strukturierten Baseball waren es in derselben Dekade sieben Titelträger. Dort gibt es zwar schon größere finanzielle Unterschiede, aber sie sind immer noch klein genug. Man muss die Dinge schon gut machen, um zu gewinnen. In Strategie, Kaderplanung, Training, Talententwicklung und weichen Faktoren. Die Option, seine Konkurrenz einfach leer zu kaufen, gibt es nicht.
Eine Europaliga darf kein Tabu sein
Gehaltsobergrenzen stehen auch im Fußball zur Debatte. Doch schon wegen Bedenken der EU und wegen unterschiedlicher Steuersätze und Rechtspraktiken scheinen sie nur realistisch, wenn man auch den nächsten Schritt geht: wenn sich alle Vereine den Regularien einer gemeinsamen Liga unterwerfen.
Die Europaliga also, das große Schreckgespenst. Für den aufrechten Fan scheint sie auf einer Stufe mit Kindesmissbrauch oder Waffenexporten zu stehen: Schon die Erwähnung ruft einen Orkan der Empörung hervor. Aber wenn aller Schaum vom Mund gewischt ist: Was genau wäre an ihr denn so schlimm?
Eigentlich müsste das Szenario doch jeden faszinieren: die besten Fußballer gegeneinander, Woche für Woche und nicht nur fünfmal im Jahr ab dem Champions-League-Viertelfinale. Natürlich, der berechtigte Einwand lautet: Was wird dann aus den nationalen Ligen? Eine Gegenfrage: Was ist jetzt mit ihnen? Sie sind Monopole, eine Prozession einseitiger Partien, in der man den Sieger schon vorher kennt.
In Deutschland gewann Bayern die letzten fünf Meisterschaften (nie unter zehn Punkten Vorsprung), in Italien Juventus die letzten sechs, in Frankreich Paris vier der letzten fünf und in Spanien der FC Barcelona und Real Madrid neun der letzten zehn. Dabei spielen diese Klubs zumindest während der heißen Champions-League-Phase in der Liga sowieso nur mit halber Kraft. Egal – auf ihrer Bank sitzen bessere Spieler, als bei jeder anderen Mannschaft ihrer Liga auf dem Platz stehen.
Würden sich aber beispielsweise die Bayern in Richtung Mainz zurückschrumpfen, wären sie international nicht mehr titelfähig. Ein Teufelskreis. Beim jetzigen Nebeneinander von Liga und Europacup unauflösbar. Auch Paris kauft nur deshalb so verrückt ein, weil es unbedingt die Champions League will.
Die Großkopferten unter sich und eine Bundesliga ohne Bayern, den BVB, vielleicht Schalke – das klingt noch utopisch und wäre sicher gewöhnungsbedürftig. Eine bittere Pille für Liebhaber von Tradition und Gewohnheit, dem Schmierfett vieler Fußball-Romanzen. Aber auch die Chance, zu einem spannenden Wettbewerb zurückzukommen. Und wem es beim Fußball wirklich um Identifikation geht, der lässt sich sowieso anders motivieren als von zwei Spielen pro Saison gegen die Bayern. Identifikation kann man in jeder Liga leben. Bei 1860 München ist diese Saison nach der Rückkehr in das alte Grünwalder Stadion jedes Heimspiel ausverkauft, die Jahreskarten sind teilweise teurer als beim großen Nachbarn. Der Verein kickt in der Regionalliga Bayern.
Die Bundesliga funktioniert auch ohne Bayern
Ihrer Begeisterung tut es keinen Abbruch, dass sie nicht die schillerndsten Stars sehen.Noch mal der Blick zum American Football. Dort spielt die Profiliga NFL nur am Sonntag. Der Samstag ist für die Begegnungen der Collegeteams reserviert. Zu denen kommen teilweise genauso viele Zuschauer, über 100.000 bei manchen Mannschaften, der Schnitt liegt bei über 40.000. Ihrer Begeisterung tut es keinen Abbruch, dass sie nicht die schillerndsten Stars sehen. Im Gegenteil, viele lieben die größere Ursprünglichkeit.
Würde sie mit Rücksicht auf den übrigen Fußball konzipiert, könnte eine Europaliga also sogar positive Nebeneffekte haben. Konzentrierten sich die Topklubs auf einen Wettbewerb (mit dem sie trotzdem locker mehr Geld verdienen würden als bisher), ließen sich die Termine und damit viel beklagte Überlastung der Spieler reduzieren; die Vereine müssten ihre Kader nicht mehr so aufblähen, sehenswerte Fußballer nicht auf der Bank versauern. Eine Europaliga mit fairem Verteilungsmodell könnte zudem klangvolle, aber wegen ihrer kleinen Heimatmärkte international derzeit chancenlose Vereine zurück ins Spiel bringen: Celtic, Benfica, Ajax, et cetera.
Nicht zuletzt würde ein einheitlicher europäischer Fußball-Raum erst die Möglichkeiten der Kontrolle schaffen, nach denen in der aktuellen Transferkrise gerufen wird. Der gleiche Kalender würde für alle gelten, das „Fenster“ für Import/Export sich also mühelos vor Saisonbeginn schließen lassen, womit die für viele Klubs so ärgerliche Planungsunsicherheit wegfiele.
Transferbestimmungen wie das Verbot, einen Spieler ohne das Wissen seines Vereins anzusprechen, könnten härter durchgesetzt werden, würden überall dieselben Standards gepflegt – bisher sind sie ihr Papier nicht wert. Klare Abläufe, vollkommene Transparenz und entsprechend harte Sanktionen bei Verstößen: Was ist daran so schwer? In Amerika scheint es ganz einfach.
Die Europaliga muss nicht das Ende des Fußballs sein, sondern die Chance auf einen sauberen Neuanfang, und viele Traditionen ließen sich sogar bewahren. Im nationalen Pokal könnten sich die Europaligaklubs eines Landes weiter mit den übrigen mischen, er würde dadurch sogar an Attraktivität gewinnen. Anders als im US-Sport gehört zum Fußball natürlich ein System von Auf- und Abstieg, etwa mit einem Kurzturnier der jeweiligen Ligachampions. Ob man die Europaliga in regionale Divisionen aufteilt und in einer K.-o.-Runde kulminieren lässt, wie viele Teams dabei sind, wer aus welchem Land und ob überhaupt jeder will (England?) – all das ließe sich diskutieren. So denn irgendwann damit begonnen wird.
Wer bloß reflexartig den „modernen Fußball“ verteufelt oder Besitzstände über neue Herausforderungen hinweg retten will, der wird jedenfalls nichts ändern. Der sorgt nur dafür, dass es so weitergeht. Wie in den letzten Wochen.
Translation - English Not everything about big-time professional soccer is bad. Among the players, there are still good guys doing decent things. This summer, French left-back Lucas Digne jumped into action to help the injured after the terrorist attack in Barcelona. And Juan Mata of Manchester United decided to permanently give 1% of his salary to an NGO. Mats Hummels, a defensive midfielder for Bayern München, joined the initiative too.
And yet, the past few months have put many fans and bigwigs of European soccer ill-at-ease, with the word "madness" running in an endless loop. The problems aren't new: Some of the transfer fees were already monstrous; the financial backers dubious; the players egotistical. But just as the world seems to turn on its head at times in this era of globalization and technological revolution, so too has soccer seemed to gone berserk.
For starters, the latest round of over-the-top transfer price-tags. Before this year, there had only been one transfer for more than 100 million euros: Pogba, in 2016, for 105 million plus 5 million in possible bonuses from Juventus to Manchester United. Then came Brazilian superstar Neymar's move this summer from Barcelona to Paris Saint-Germain (PSG) at a price-tag of 222 million euros — double the previous record! But there are others: Kylian Mbappe, whom PSG is only borrowing for the season in accordance with Financial Fair Play Regulations, the Paris club will be wiring 180 million euros to Monaco next summer. Ousmane Dembele is switching from Dortmund to Barcelona for 105 million plus 43 million in bonuses. And finally, Barca offered to pay Liverpool 150 million for Philippe Coutinho.
All this reshuffling was triggered by money from Qatar. And it was supported by players who openly (Dembele), covertly (Coutinho), or on instruction (Mbappe) left their previous slots. "A player should always be able to leave a club if he thinks it's the right time," Neymar said at his introduction in Paris.
The big stars, it seems, no longer bother giving what even fair weather fans appreciate: a modicum of loyalty and predictability, something viewers can identify with. Club soccer, in brief, is making a killing, but at the cost of its moral wellbeing. The result is a crisis. This kind of crises always comes with two answers: To look ahead or peer into the past.
Option No. 1 is to bemoan everything, to get out that vintage jersey you bought online (for way too much money) and long for a lost paradise that never existed and, quite frankly, will never return. The other choice — and the only truly reasonable one —is to seek contemporary solutions, because the world, like soccer, has changed, and nostalgia is a remedy that simply won't work.
The food chain today is as clear as it was in high school biology class. PSG is helping itself to Barcelona; Barcelona feeds on Dortmund; Dortmund takes what it wants from Gladbach; Gladbach draws from Switzerland, and then Austria, and so on, until only the plankton remain. And that's jut thew way it is. Cosi fan tutte —everyone does it. The problem is, in a word, systemic.
In U.S. sports, winning isn't just a matter of buying up the best players.
For a solution, professional soccer needs more than just individual rules. It needs a vision. And for that, it's worth looking across the ocean to... the United States. The country may be a mess politically, but when it comes to pro sports, it definitely has a thing or two to teach the Old World. Take the National Football League, NFL, for example. With just 16 game days, plus a couple of playoff games per team — compared to between 34 and 38 game days for European soccer teams — the NFL nevertheless manages to make about as much money as Europe's four top leagues (England, Germany, Spain and Italy) combined.
Even more interesting is why the NFL has succeeded so spectacularly: socialism. That's right, professional sports in capitalist America, of all places, thrives on real socialism. Salary caps, financial compensation, and transfer preferential rights for weak teams level the playing field. These are handicaps one could only dream about in Europe's top soccer league. As a result, the NFL has had eight different championship teams in the past 10 years. [Editor's note: Polemics over the anti-racism protest of African-American players is more about politics than economics, or on-the-field performance]
In similarly structured Major League Baseball, there were seven different champions in the same period. In the major U.S. sports, winning isn't just a matter of buying up the best players. It requires strategy, executive planning, training and talent development.
Salary caps should also be considered in soccer. But due to the reservations of the European Union, and different tax rates and legal practices, this appears to be realistic only if taken one step further: Subjecting all the clubs to the regulations of a common league. Hence, a Euro League, the biggest bogeyman of all.
Hardcore soccer fans are outraged by the very mention of such an idea. They feel about a Europe-wide league the way they do about child abuse and illegal arms deals. But what exactly makes it so bad? Because in reality, the scenario is actually quite fascinating: The best soccer players up against each other week after week, and not just five times a year, when the Champions League quarterfinals finals kick off.
The obvious and reasonable question people ask is what would happen to the national leagues. But here's a counter question: What about them? They are monopolies, a procession of unilateral parties in which everyone already knows the winners beforehand. In Germany, Bayern has won half of the past 10 championships. In Italy, Juventus snatched the last seven. In France, PSG has clinched the top trophy in four of the last five years. And in Spain, FC Barcelona and Real Madrid have claimed nine of the last 10 titles.
There's also the fact that these teams, when playing in their respective countries, put in half the effort they do when vying for the Champions League. And they don't have to, because their benches are filled with players who are better than the guys their opponents put on the field. So why doesn't Bayern, for example, send some of that excess talent to Mainz? Because then it wouldn't be as competitive internationally. It's a vicious circle.
The Euro league idea is a bitter pill for fans of tradition and custom. Understandably. But it's also an opportunity to return to exhilarating competition. Again, it's worth taking a look at the NFL. The bulk of NFL games are played on Sundays, freeing Saturdays up for competition between university teams, which are also wildly popular, even without the superstars. People love the amateur league. Some fans even prefer it.
More money could be generated with fewer games.
A European league, following a similar model, could actually have positive side effects. More money could be generated with fewer games, and the top teams wouldn't be so overloaded with star players. That, in turn, would benefit all those talented but embittered players riding the bench. A Europe-wide league with a fair distribution model could also bring respected but — because of their small domestic markets — globally unimportant clubs bring back into play. Think Celtic, Benfica, Ajax, etc.
Lastly, a united European soccer league would create possibilities for stricter (and universal) transfer controls. All teams would have to follow the same calendar, meaning the "window of opportunity" for buying up talent would close before the start of the season. The irksome uncertainty of the preseason would cease to exist. Other rules, like the prohibition on speaking to players without the knowledge of the club, could be enforced. What's so hard about all that? The U.S. leagues make it seem easy.
A Euro league, in other words, wouldn't be the end of soccer. It would be a chance for a fresh start, and one that would actually protect many traditions. Everything should be up for discussion. It's easy to demonize modern soccer. But unless we actually do something about it, nothing will change — and the obscene signings and other unsavory aspects of the current crisis will only multiply in the future.
German to English: Luxor, 20 Years Since Birth Of Modern Jihadism General field: Other Detailed field: History
Source text - German Die Mörder kamen im Bus: sechs junge Männer, gepflegt und frisch rasiert, gekleidet in Uniformen der Polizei. Es war Montag, der 17. November 1997. Alle sechs trugen schwere Sporttaschen. Dennoch fielen sie keinem Wachposten auf. Mit dem Bus konnten sie drei Sicherheitskontrollen passieren, zu Fuß ging es weiter bis vor den Grabtempel der Königin Hatschepsut. Niemand fragte sie nach ihren Ausweisen – man hielt sie für Sicherheitskräfte. Doch in ihren Sporttaschen hatten sie Kalaschnikows und Messer.
Die sechs hatten sich gut vorbereitet. Sie wussten offenbar, dass immer montags besonders viele Touristen hierherkommen – am Wochenende war An- und Abreise der Pauschalreise-Veranstalter aus Westeuropa und Fernost. Besuchergruppen aus aller Welt waren um kurz nach neun Uhr morgens schon da und ließen sich auf der Hauptempore in verschiedenen Sprachen über die Geschichte des Tempels informieren. So früh, weil es in der Mittagszeit fast unerträglich heiß wird im Tal der Könige, der Grablege der Pharaonen des Neuen Reiches.
Plötzlich, gegen 9.15 Uhr, rissen die sechs Täter ihre Taschen auf, griffen sich ihre Schnellfeuerwaffen und feuerten in die Menge. „Sie nahmen uns in die Mitte, 200 bis 300 Touristen, keiner sollte überleben“, schilderte ein schockierter Augenzeuge den Angriff: „Ich habe Leute gesehen, denen die Kugeln den Leib aufrissen.“ Die meisten Opfer starben in den ersten zwei bis drei Minuten: Japaner, Schweizer, Briten, Franzosen. Als Polizisten und Soldaten von den Sicherheitskontrollen vor dem Tempel das Feuer erwiderten, zogen sich die Attentäter in den Tempel zurück und metzelten weiter, teilweise mit Dolchen und Macheten.
Ein Fremdenführer, der nur leicht verletzt wurde, berichtete: „Die Attentäter verschanzten sich hinter den Säulen. Viele Touristen standen auf einmal im Kreuzfeuer. Vom Berg kamen Mitglieder einer Bürgerwehr und feuerten ins Tal hinein. Es war ein unbeschreibliches Durcheinander.“ Vor dem Tempel lagen Verletzte, die vor Schmerzen schrien, und aufeinandergetürmte Leichen.
Wahrscheinlich wurden einige der Opfer auch von Kugeln der Sicherheitskräfte getroffen und verletzt oder sogar getötet. In dem vollkommenen Chaos war das nicht mehr auseinanderzuhalten.
Im Tempel ließen die Mörder Touristen niederknien. Sie amüsierten sich über ihre Opfer und beschworen Allah. Dann stachen sie auf Touristen ein, verstümmelten die Körper, teilweise bei lebendigem Leibe, teilweise bereits Tote. Vor allem die Leichen von Asiatinnen und Europäerinnen wurden teilweise geradezu ausgeweidet. Auf einen Körper legten sie einen Koran.
Am Ende waren 36 Schweizer tot, zehn Japaner, sechs Briten, vier Deutsche und zwei Kolumbianer, außerdem vier Einheimische. Und natürlich die sechs Attentäter, denn ihr Versuch, vom Tatort zu entkommen, war höchstens halbherzig – einen echten Fluchtweg hatten die Mörder nicht vorbereitet. Ihr Anschlag beruhte darauf, dass sie ihr Leben opferten.
Genau das machte die neue Qualität des Anschlags von Luxor aus: Am 17. November 1997 begann die moderne fundamental-muslimische Gewalt. In dieser Tat verbanden sich mehrere Elemente, die seither das Leben in fast der ganzen Welt unsicherer machen. Denn die Metastasen des islamistischen Terrorismus wuchern inzwischen in den meisten Ländern der Welt – Natürlich in New York am 11. September 2001, aber ebenso in Bali (2002) wie in Barcelona (2017), in London und Brüssel jeweils mehrfach, in Berlin und in einer Regionalbahn nahe Würzburg. Natürlich nur eine winzige Auswahl all der Anschläge, die seit 1997 im Namen des Islam begangen worden sind.
Nun war religiös motivierter Terror 1997 nichts Neues, natürlich auch nicht von islamischen Tätern. Im Gegenteil, seine Geschichte reicht mindestens zurück bis zu den Assassinen des Mittelalters.
Ebenso wenig „innovativ“ war das Prinzip von Selbstmordkämpfern – man denke an die japanischen Kamikaze oder auch die schiitischen Revolutionären Garden, die im iranisch-irakischen Golfkrieg massenhaft in die Minenfelder Saddam Husseins liefen und sich opferten.
Auch Anschläge im Westen oder auf westliche Ziele waren an sich nichts Außergewöhnliches – so hatte es schon 1993 einen ersten Anschlag auf das World Trade Center in New York (sechs Tote) gegeben und 1995 eine Bombenserie mit acht Opfern in Paris.
In Luxor aber kamen diese drei Elemente zum ersten Mal in ganz großer Dimension zusammen: Die Täter waren radikale Muslime, die bereitwillig ihr eigenes Leben opferten, um durch das Töten von Europäern oder Angehörigen anderer Industriestaaten schiere Panik zu erzeugen. Die vorsätzliche Grausamkeit ist zum bewusst eingesetzten Mittel geworden.
Nach den Angriffen flohen verunsicherte Urlauber scharenweise aus Ägypten. Bei manchen Veranstaltern wurden bis zu 80 Prozent der Buchungen storniert. Doch immer wieder erholte sich die für die ägyptische Wirtschaft essenzielle Reisebranche. Auch weitere Anschläge von Islamisten auf Touristen wie in Scharm-el-Scheich 2005 oder Dahab 2006, jüngst in Hurghada 2016 haben den Touristenstrom nicht zum Versiegen gebracht. Das Risiko wird inzwischen offenbar „eingepreist“.
Translation - English The murderers arrived in a bus on a Monday in November: six young men, groomed and freshly shaven, wearing police uniforms. All six were carrying heavy sports bags. Still, they slipped past through three security checkpoints on the bus. Then, on foot, the group made its way to the Mortuary Temple of Hatshepsut. No one asked to see their identification; the guards just assumed they were security personnel. But in those sports bags were Kalashnikovs and knives.
On that November day, exactly 20 years ago, fundamentalist-Islamic violence — as we know it today — began.
The six had prepared well, and knew that many tourists came to the temple on Monday mornings. Tourist groups from around the world were in the main gallery shortly after 9 a.m., listening to guides recounting the temple’s history, there in the Valley of the Kings, the tomb of the New Kingdom pharaohs.
It was around 9:15 a.m. when the six men ripped open their bags, grabbed their automatic weapons and fired into the crowd. “They took us in the middle, 200 to 300 tourists. No one should have survived,” described a shaken witness after the attack. “I saw people whose bodies were torn open by bullets.” Most victims died in the first two to three minutes: visitors from Japan, Switzerland, Great Britain, France. When police and soldiers from the security checkpoints in front of the temple returned fire, the terrorists withdrew into the temple to continue the onslaught, partly with daggers and machetes.
A guide, who sustained minor injuries, recalled: “The terrorists fortified themselves behind the columns. Many tourists were suddenly caught in the crossfire. Members of a local militia came down from the mountain and fired into the valley. It was indescribable chaos.” In front of the temple lay the injured, screaming in pain, alongside piles of corpses.
In the end, 36 Swiss citizens, ten Japanese, six Brits, four Germans, two Colombians, and four locals were killed. And, of course, the six terrorists, ultimately shot by security forces as they half-heartedly attempted to flee the scene of the crime. They did not prepare for any exit route. Sacrificing their lives was part of their plan.
In the Luxor attack, on Nov. 17, 1997, certain elements came together, the same characteristics of terrorism that have since endangered lives across the planet. Islamic terrorism has metastasized in most countries over the past two decades — in New York, Bali, Barcelona, London, Brussels, Berlin and elsewhere.
Neither religiously-motivated terror nor Islamic perpetrators were new in 1997. On the contrary, this history reaches back at least to the Middle Ages.
The principle of suicide attacks was also not ‘innovative’: the Japanese kamikaze and the Shiite Revolutionary Guard, which had died in Saddam Hussein’s minefields during the Iran-Iraq War, came long before the Luxor attack.
Attacks in the West or on Western targets weren’t unusual either. In 1993, terrorists had targeted the World Trade Center in New York, murdering six; and a series of bombings in Paris in 1995 killed eight.
In Luxor, however, these three elements were brought together for the first time on an unprecedented scale: The perpetrators were radical Muslims, who willingly sacrificed their lives in order to generate sheer panic by killing Europeans and citizens of other industrial states. Premeditated savagery became a deliberate means.
After the attack, rattled vacationers fled Egypt in droves. Tourist agencies suffered 80% cancelation rates. But time and again, the travel industry, which is essential to the Egyptian economy, recovered. Even further Islamist attacks on tourists, such as in Sharm el Sheikh (2005) or Dahab (2006) or, more recently, in Hurghada (2016), have not stopped the flow of travelers. The risk has just been factored into the price. The other costs may be harder to quantify.
German to English: The Racist, Sexist, Fat-Shaming Show Lighting Up German TV General field: Social Sciences Detailed field: Cinema, Film, TV, Drama
Source text - German Es beginnt natürlich auf der Pferderennbahn. Curvy Frauen laufen hier durch Gras. Curvy Frauen drehen hier Runden. So lange bis sie, wie in „Charlie und die Schokoladenfabrik“ ein goldenes Ticket bekommen. Nur aufgeben sollen sie nicht, denn sie werden ja gesucht als das neue „Curvy Supermodel. Echt. Schön. Kurvig“.
Als neue Anführerin der Body-Positivity-Bewegung, der Körperrevolution, sagt die Stimme aus dem Off, und der Zuschauer nickt, kennt er.
Body-Positivity, das ist sich selbst so annehmen, wie man ist, egal, ob dürr, ob dick, oder mittel. Endlich kein Kampf mehr gegen sich selbst. Es ist der Kampf ihres Lebens, sagt RTL 2.
Und curvy, das ist zwar englisch für kurvig, heißt hier aber mehr als kurvig. Es heißt auch sexy, denn das ist ganz wichtig:
Wer curvy ist, muss sexy sein. Das ist natürlich nicht überraschend, denn Frauen müssen im Fernsehen ja sowieso immer sexy sein. Und tun, was Frauen dort eben immer tun - gegen andere Frauen kämpfen. Im Namen der Sexyness.
Wer ist das beste Lustobjekt? Jetzt auch in Übergrößen ab 38. Das ist die Körperrevolution von RTL 2. Jury-Mitglied Angelina Kirsch betont, dass es bei dieser Sendung von allem mehr gebe: „Mehr Kurven, mehr Emotion, mehr Leidenschaft.“ Einfach mehr.
Eine junge Frau sagt, sie wolle ihre Mutter stolz machen. Die habe früher für sie putzen müssen, jetzt wolle sie ihr etwas zurückgeben. Geld. Leistung. Stolz. Aber keine Sorge, entschuldigt sie sich vor der Kamera, sie wolle die Jury nicht mit ihren großen „Brüsten übersprengen“, sie wolle sie jetzt ein bisschen verstecken, aber - sie entschuldigt sich - sie fielen eben auf. „Sie sind“, sagt sie, „immer das Erste was man von mir sieht.“
Es gibt Minimizer-BHs, sagt die Körper liebende Kirsch von dem Curvy-Mode-Label. Die machen einen ganz anderen Shape. Also die Brüste praktisch zwei Nummern kleiner. Die Curvy-Supermodel-Anwärterin nimmt dann den BH und macht ihre Brüste zwei Nummern weniger curvy.
Vor Jury und Schattenwand bewegt sie dann ihren Körper und die Jury macht: Aahhh. Der Modelmanager sagt: „Ich tippe mal ganz schwer, dass die aus Afrika kommt.“
„Aus welchem Land kommst du eigentlich“, fragt er anschließend. Es ist die erste Frage an die schwarze Frau. Sie sagt, sie komme aus dem Senegal, woraufhin die Jury entgegnet, dass sie selbstbewusst sein solle. Denn sie sei curvy. „Und wer curvy ist, muss selbstbewusst sein.“
Curvy, lernt der Zuschauer nun, das ist nicht etwas das man einfach ist, das ist vor allem etwas, das man sich traut.
Bitte zieh' dir etwas an, Thorsten!
Die nächste junge Frau erklärt, dass sie in der Schule immer gemobbt wurde. Sie wurde immer Thorsten genannt. Sie ist 17, tritt vor die Schattenwand, und ist weiß. Aber keiner fragt sie aus welchem Land sie kommt. Südafrika? Island? Dänemark? Sie könnte überall herkommen, aber es interessiert keinen. Sie trägt ein Netzkleid über einem schwarzen Body.
Doch als sie sich umdreht, erschreckt sich Model-Expertin und Jurorin Jana Ina über ihren Po. „Ich finde das schrecklich“, sagt sie mit Nachdruck zu der jungen Frau, die 17 ist und in der Schule Thorsten genannt wird. „Das ist nicht sexy, das ist grenzwertig“, schiebt Jana Ina hinterher.
Und in den Augen der 17-Jährigen bricht etwas. Sie wird nicht weinen. Mobbing kennt sie. Der Schmerz sitzt tief, aber sie hält das aus. Das ist ihr Kampf.
Die Jury ist nun versöhnlich. Sie solle doch einfach ein Kleid tragen! Und Selbstbewusstsein eben, dann sähen sie da richtig viel Potential. Die Schülerin dürfte mit diesem Ratschlag ziemlich verwirrt gewesen sein. Hatte sie das nicht an?
Es muss anders aussehen, anders als ein Netzkleid, also an ihr. Die 17-Jährige nickt, okay, okay, ich ändere mich, ich kämpfe, eines Tages passe ich! Und dann dreht sie sich um, da ist ihr Po wieder im Bild, und Jana Ina ruft: „Zieh dir etwas an!“
Der Zuschauer kann das eben Geschehene noch gar nicht recht fassen, als schon die nächste junge Frau hereinkommt und sich aller etwaigen Kritik vorauseilend selbst „Miss Pudding“ nennt.
Sie war im vergangenen Jahr schon dabei. Auf Grund ihres „Wackelpeters“ - gemeint ist ihr Körper - sei sie damals ausgeschieden. Nun solle dieser aber fester sein. Denn sie trainiert und trainiert. In silbernen Leggins läuft sie siegesbewusst über den Laufsteg. Sie strahlt und sagt: „Ich hab die Kurven an den richtigen Stellen.“
Zunächst pflichtet die Jury bei: „Na, du hast aber Selbstbewusstsein!“, nur, damit der Modelagent sogleich ergänzt, dass die Kurven aber gar nicht da seien, „wo sie sein sollten“. „Wir suchen eben eine Sanduhr-Figur“, schiebt er hinterher.
Zwar könnte „Miss Pudding“ jetzt sagen, dass die Sendung „Curvy Supermodel“ heißt und nicht „Beste Sanduhr“. Sie könnte auch sagen, dass die Regeln irgendwie „Pudding“ sind. Doch dazu kommt sie nicht mehr - sie ist raus.
„Ich glaube wir haben wirklich bessere Kurven am Start“, beugt sich Modelagent Amin zu Jana Ina vor. Ina nickt.
Die nächste Kandidatin ist sportlich muskulös. Sie trägt kaum Größe 40. „Genau das wollen wir sehen, Selbstbewusstsein!“, freut sich die Jury. „Super Outfit.“ Die junge Frau trägt nur Unterwäsche. „Jedes Stück Stoff mehr wäre Verschwendung.“
Und dann steht Jana Ina auf und haut der 17-Jährigen in Unterwäsche auf den Po. Die 17-Jährige lacht, denn sie ist eine Kämpferin. Sie muss da durch.
Auch durch die Shootings, wo die Curvy-Supermodels als Pralinen im Pralinenkasten posen, und weiß angesprüht als barocke Skulpturen im Schlosspark. Eine schwarze Teilnehmerin trägt Bauchbinde. Unter ihrem Namen steht: Hat kenianische Wurzeln.
Translation - English Of course, it begins on a racecourse. Curvy women run around until they obtain a golden ticket, just like in Charlie and the Chocolate Factory. Giving up isn't an option. One of them will become the new "Curvy Supermodel", a leader of the Body Positive movement, a fresh face of the Body Revolution. At least, that's what's promised by the voiceover on the television show Curvy Supermodel, which is broadcast on Germany's RTL 2.
Body positivity is about accepting your body as it is, whether you're skinny, fat, or something in between, the voiceover says. It's apparently something these women have struggled with their entire lives.
And "curvy" as used in the English language means more than curvy here. It also means sexy. And that's very important. A curvy woman must be sexy. No surprise there, of course, since women always have to look sexy on TV anyway. What's more, they must do what women always do on TV — fight other women. In the name of sexiness.
Who is the most alluring object of sexual desire? Now it includes those bigger than size 38. This is the "Body Revolution" according to RTL 2. Jury member Angelina Kirsch, a "curvy model", stresses that, on this show, there's more of everything: "More curves, more emotion, more passion."
A young woman apologetically tells the camera that she doesn't want to "shock" the jury with her big breasts. She actually wants to hide them a little, but they simply keep attracting attention. "They're always the first thing you see of me," she says. Following Kirsch's advice, the "Curvy Supermodel" contender puts on a minimizer bra, thereby reducing her breasts by two sizes.
She then moves her body before the jury. "Aahhh," they say.
A model agent speaks to a contestant: "I'm guessing you're from Africa. Which country are you from?" This is the first question posed to the woman, who is black. She responds that she's from Senegal, to which the jury says that she should be confident. Because she's curvy.
Curvy, the viewer now learns, isn't just something you are. It is, first and foremost, something you're daring to be.
The next young woman explains that she was bullied at school. She is 17 years old and white. But no one asks her which country she comes from. South Africa? Iceland? Denmark? It could be anywhere but it doesn't interest anyone. She is wearing a fishnet dress over a black bodysuit. As she turns around, the model expert and jury member Jana Ina is shocked by her bottom. "I find that atrocious," she says emphatically to the young woman. "That's not sexy."
At that moment, you can see in the eyes of the 17-year-old that something breaks inside her. She won't cry. She knows what bullying is. The pain sits deep inside her, but she takes it.
The rest of the jury is more forgiving now. She should just wear a dress, they advise. The student could be forgiven for feeling confused after such advice. Wasn't she, after all, wearing a dress?
It has to look different, they say. Not a fishnet dress, at least not for her. The 17-year-old nods: "Okay, okay, I'll change, I'll fight, one day I can wear that dress! And then she turns around, and there is her bottom on the screen again. "Put some clothes on!" Ina shouts.
The viewer is still struggling to come to grips with what just happened when another young woman comes in and, hastily anticipating potential criticism, calls herself "Miss Pudding."
She was on the show last year. But because of her body, which was called "Wackelpeter" — a gelatinous German dessert — she didn't make the cut that time. But it should all be firmer this year. She's been training hard. She looks confident on the catwalk in her shiny silver leggings. "I've got curves in the right places," she says, beaming.
The curves are not at all where they should be.
"Well, you do have confidence," the jury says. But the model agent immediately adds that, unfortunately, the curves are not at all "where they should be".
"What we're looking for is an hourglass figure," he says, to hammer the point home.
"Miss Pudding" could retort that the show is called "Curvy Supermodel" and not "Best Hourglass". She could say that the rules are stupid. But she won't get that opportunity. She's out.
"I think we really had better curves at the beginning," the model agent says. Ina, the model expert, nods.
The next candidate is sporty and muscular. She's barely a size 40. "Now that's exactly what we want to see, confidence," the jury rejoices. "Great outfit," they tell her. The young woman is wearing nothing but underwear. "Any extra piece of fabric would be a waste." Ina stands up and slaps the 17-year-old's backside. The young woman laughs. Because, you know, she is a fighter. She has to endure it.
The rest of the show features, among other things, Curvy Supermodel contenders posing as chocolates in a box as well as being sprayed in white and arranged like Baroque sculptures in the park of a castle. When the camera hovers on a black participant, the title under her name simply states: "Has Kenyan roots."
German to English: Turkish Cinema Has A Gun To Its Head General field: Art/Literary Detailed field: Cinema, Film, TV, Drama
Source text - German Ein Trailer: „Ali Avci präsentiert“ steht am Anfang. Morgengrauen. Hand in einem Waschbecken. Soldaten, die in ein Haus vordringen. Manschettenknopf an einem frisch gestärkten Hemd. Eine Einblendung: „14. Juli 2016“. Menschen in dem Haus werden von Maschinengewehrgarben gefällt. Ruhe tritt ein.
Zwei Beine in der grünen Hose der türkischen Armee laufen durch blutig umherliegende Leichen. Ein General. Nun besichtigt er eine von Kugeln durchsiebte Familie im Wohnzimmer. Und dann, in Großaufnahme: eine Pistole am Hinterkopf eines knienden Mannes, unverkennbar Recep Tayyip Erdogan. Die Leinwand wird schwarz, die Einblendung „yakinda“ erscheint – „demnächst“.
Der Trailer für den Film „Uyanis“ („Erwachen“) wurde vor zwei Monaten veröffentlicht. Am Tag darauf verhafteten die türkischen Behörden den Produzenten Ali Avci. Er wird beschuldigt, „Führer einer bewaffneten terroristischen Organisation“ zu sein und Verbindungen zu dem Prediger Fethullah Gülen zu besitzen, dem die Regierung vorwirft, hinter dem Putschversuch vom 14. Juli 2016 zu stecken.
Ein Vorwurf, der verwundert: Avcis letzter Film vor „Uyanis“ hieß „Reis“ und schilderte erst im Frühjahr Erdogans Kindheit und erste politische Gehversuche in glühenden Farben.
Der Produzent schmort im Gefängnis
Von „demnächst in diesem Kino“ kann natürlich keine Rede sein. „Uyanis“ wurde nirgendwo gezeigt, und Avci schmort im Gefängnis. Man kann darüber spekulieren, was in Deutschland geschähe, wenn in einem Trailer erst die Familie von Angela Merkel niedergemäht und ihr selbst dann eine Gewehrmündung an den Kopf gesetzt würde. „Uyanis“ jedoch ist der vorläufige Höhepunkt einer Auseinandersetzung, die sich immer mehr zugespitzt hat zwischen dem türkischen Kino und Erdogans Regime.
„Wir sind lediglich auf zwei Feldern daran gescheitert, das ersehnte Niveau zu erreichen, was mich sehr ärgert“, hatte der Präsident Ende letzten Jahres in seinem Palast verkündet. „Das Erste ist der Erziehungsbereich, das Zweite der von Kunst und Kultur.“
Wie sich die AKP das ersehnte Niveau vorstellt, steht in ihrem Wahlprogramm. Es gehe darum, „nationale, religiöse, moralische und volkskundliche Werte“ zu vermitteln. In Erdogans Worten: „Wir brauchen wirklich frei denkende Intellektuelle, die jedoch in Frieden mit ihrer Nation und Geschichte leben. Keine, die auf ihr Volk herabsehen.“ Ähnliches liest man im Kulturprogramm der AfD Sachsen-Anhalt.
Polat Alemdar, der türkische Bond
Als intellektuell tituliert zu werden, würde Polat Alemdar vermutlich von sich weisen. Die Action-Figur trägt eine Sonnenbrille, verzieht kaum je sein Gesicht, bewegt sich roboterhaft kontrolliert – und agiert furchtlos gegen das Böse und für die Ehre der Türkei. In hundert Fernsehfolgen und drei Kinofilmen hat er Mafiosi, Kurdenterroristen und die israelische Armee besiegt.
Am nächsten Donnerstag kommt „Tal der Wölfe: Vaterland“ wie ein Hollywood-Blockbuster über viele Länder, und James Bondogan steht vor der größten Aufgabe seiner Privatkriegslaufbahn: eine Invasion des Heimatlandes zu verhindern – und Putschisten unschädlich zu machen.
Es ist durchaus nicht so, dass das gesamte türkische Filmwesen im Streit mit seiner Regierung läge. „Kodi Adi: K.O.Z.“ (Codename: K.O.Z.) schildert die Entfremdung zwischen Erdogan und Gülen durch die regierungsfreundliche Brille.
Der Berlinale-Gewinner hält zur AKP
Semih Kaplanoglu, dessen naturmagischer „Bal“ („Honig“) den Goldenen Berliner Bären gewann, gibt sich AKP-nah. Kutlug Ataman, einst international für seine kritischen Filme gefeiert, ist seit Gezi ein Regierungsgänger.
Wir reden von einem wichtigen gesellschaftlichen Faktor. Die türkische Filmindustrie ist eine der größten der Welt. In ihrer Glanzzeit, den Sechzigern und Siebzigern, brachte sie 200 Filme pro Jahr hervor, mehr als die Bundesrepublik.
Seit Langem war sie ein Kino des sozialen Gewissens, sprach von Ungerechtigkeit, dem Feudalsystem, den Unterschieden zwischen Stadt und Land. Daneben blühte das Kino der Komödien, blühte ein Starsystem, das nur ein Tabu kannte: falsche Ahnen.
Du darfst nicht die falschen Ahnen haben
Als Ayhan Işık, eines der großen Kinoidole, 1979 gestorben war, betrauerte ihn ein armenischstämmiger Kollege mit einer Anzeige in der „Hürriyet“, die er mit „Dein Onkel Nubar Terziyan“ beschloss.
Işık hieß in Wirklichkeit Isiyan, ein armenischer Name, und seine erschrockene Familie setzte eine eigene Anzeige auf: „Wichtige Korrektur: Unser teuerster Ayhan Işık hat nichts mit der Anzeige zu tun, die mit ,Dein Onkel‘ unterzeichnet ist.“ Als der Starkomödiant Kenan Pars 30 Jahre später starb, wurde sein wahrer Name bekannt: Kirkor Cezveciyan. Noch ein sein Leben lang ungeouteter Armenier.
Der armenische Völkermord, der laut allen türkischen Regierungen niemals stattgefunden haben soll, findet auch im türkischen Kino nicht statt. Das Ausland ist leisetreterisch.
Das Ausland hält sich vornehm zurück
Übervorsichtig war Fatih Akins „The Cut“, verschwurbelt Atom Egoyans „Ararat“, und erst Terry Georges „The Promise“ – gedreht unter höchster Geheimhaltung in Portugal – nannte den Genozid einen Genozid. Parallel dazu investierten türkische Geldgeber in „The Ottoman Lieutenant“, worin ausgerechnet ein türkischer Offizier Armenier rettet; jede Erwähnung der Massentötungen wurde entfernt.
Das zweite große Tabu sind die Kurden, und zwar nicht erst, seit Erdogan den Friedensprozess aufkündigte. Vor einem halben Jahr lief „Zer“ von Karim Öz beim Istanbul-Festival, eine Erinnerung an das Massaker von Dersim, den letzten großen Kurdenaufstand vor einem Dreivierteljahrhundert.
Mitten im Film wurde das Bild schwarz, eine Schrift erschien: „Sie können diese Szene nicht sehen, weil der Aufsichtsrat des türkischen Ministeriums für Kultur und Tourismus sie für unangemessen hält.“ Der Vorgang wiederholte sich. Als der Film regulär ins Kino kam, fehlten die geschwärzten Passagen; die Zensur lässt sich nicht gern bei der Arbeit zusehen.
Die „Registrierung“ als Zensurwerkzeug
Die Festivalvorführung von Cayan Demirels „Bakur“ über den Alltag von PKK-Guerillas während des Friedensprozesses wurde ganz abgesagt. Obiges Ministerium hatte ein „Registrierungsdokument“ verlangt, das tatsächlich gesetzlich vorgeschrieben ist und nicht vorlag – weil es bei Festivals vorher nie verlangt worden war.
Die liberalen Festivals sind zum Hauptkampfort geworden. Eine Dokumentation über die Gezi-Park-Proteste wurde beim Festival in Antalya aus dem Programm geworfen, vermutlich, weil darin ein Anti-Erdogan-Graffito zu sehen war. Sämtliche Regisseure erklärten daraufhin einen Boykott, der Dokumentarwettbewerb wurde gestrichen.
Nach dem „Bakur“-Vorfall zogen 22 Regisseure des nationalen Spielfilmwettbewerbs ihre Filme aus Istanbul zurück, die Jury folgte nach. Daraufhin wurde die gesamte Konkurrenz abgeschafft.
Festivals stehen unter massivem Druck
Die Festivals stehen unter massivem finanziellen Druck. Der Hauptsponsor in Istanbul, die Akbank, drehte den Geldhahn zu aus Angst, mit Unruhestiftern assoziiert zu werden. Die Stadtverwaltung von Adana feuerte das gesamte Festivalauswahlkomitee und ersetzte es durch filmisch unbeleckte Beamte.
Das Independent Festival in Istanbul weigerte sich, „Son Sinitzel“ („Das letzte Schnitzel“) zu zeigen, mit einem Erdogan-ähnlichen Diktator einer großtürkischen Republik. Das Festival gehört der Cinemaximum-Gruppe, der größten Kinokette der Türkei.
Der Filmsektor ist für die Gleichschalter schwieriger zu fassen als Zeitungen oder Universitäten. Hunderte von Akademikern hatten Anfang 2016 ein Ende der Offensive gegen die Kurden verlangt; 433 Angehörige der Filmindustrie hatten sich der Erklärung angeschlossen.
Viele Akademiker verloren ihre Stelle, gegen die Kinoleute läuft eine offizielle Untersuchung, doch sie können nicht einfach entlassen werden, weil man sie sowieso nur von Projekt zu Projekt engagiert.
Wer opponiert, bekommt keine Förderung
So werden die Daumenschrauben anders angesetzt: Alle Projekte, an denen Unterzeichner der Kurdenerklärung beteiligt sind, wurden von der staatlichen Filmförderung ausgeschlossen. Ein schwerer Schlag, denn die Renaissance des türkischen Kinos beruht weitgehend auf der 2004 eingeführten staatlichen Förderung.
Die schwarze Liste existiert offiziell nicht, aber die neuen Projekte international renommierter Regisseure wie Emin Alper (sein „Abluka“ läuft gerade in deutschen Kinos), Tolga Karaçelik (sein letzter Film lief beim Sundance Festival) und Erol Mintas (er gewann in Sarajevo) gingen sämtlich leer aus. Dass die Türkei aus dem Brüsseler „Creative Europe“-Programm austrat, verengt den Spielraum weiter.
In Alpers „Abluka“ („Der Wahn“) wird ein Häftling vorzeitig entlassen, um in seinem Heimatviertel zu spitzeln. Er hat keinen großen Erfolg, aber er bewegt sich durch einen Albtraum aus Straßensperren, Fernsehbildern von Attentaten und wilde Hunde abknallenden Bürgern. Es ist kein Anti-Erdogan-Film. Aber einer über ein Land, das vor die Hunde geht.
Translation - English The movie trailer opens with "Ali Avci presents." Daybreak. Someone washing his hands. Soldiers penetrating a house. Cufflinks on a freshly starched shirt. An overlay: "July 14, 2016." Gunfire as the armed men shoot several people in the house. Then, silence.
Two legs dressed in the green pants of the Turkish army stride past bloody corpses. A general. He inspects the bullet-ridden bodies of a family in the living room. And then, a close-up shot: a pistol on the head of a kneeling man, unmistakably Recep Tayyip Erdogan, Turkey's powerful president. The screen fades to black. Another overlay appears: "yakinda," it reads — "soon."
The trailer for the film Uyanis (awakening) was released in July. The following day, Turkish authorities arrested the producer, Ali Avci, and accused him of being "a leader of an armed terrorist organization" and having connections to imam Fethullah Gulen, whom the Turkish government accuses of being behind the attempted coup of July 14, 2016.
The accusations are astonishing. Avci's previous film, just released this past spring, is called Reis (chief) and offers a glowing depiction of President Erdogan's childhood and first baby steps into politics. But now the filmmaker is stewing in prison. And Uyanis, it's safe to say, won't be coming soon to a theater near you.
It's hard to imagine, here in Germany, a film that shows Angela Merkel's family being mowed down, and with the chancellor herself having a gun pressed to her head. It's also impossible to say how the authorities might react. But in Turkey, the scenario is quite real, the result of an ever-escalating confrontation between Turkish cinema and Erdogan's regime.
Late last year, President Erdogan declared that Turkey had "failed to reach the desired level in two fields." First is the educational sector; the second is arts and culture. In its platform, the governing AKP party provides some clues as to what the "desired level" actually is. Education and culture should transmit "national, religious, moral and folkloric values," the platform reads. Or as Erdogan himself says, "Really, we need freethinking intellectuals but who live in peace with their nation and history. None who look down on their kinfolk."
Where that leaves Polat Alemdar, is not clear. Alemdar, a tough-guy action hero who moves like a robot and fearlessly faces down evil, is hardly an intellectual. The character is more like James Bond, except instead of fighting for MI6, his exploits are for the honor of Turkey. In dozens of television episodes and three movies, he has defeated the mafia, Kurdish terrorists, and the Israeli army. Alemdar's latest adventure, Valley of the Wolves: Homeland, arrived in theaters around the world in late September. In it, the Turkish 007 takes on the most important assignment of his career: stopping an invasion of his homeland and disarming rebels.
The Alemdar franchise, for one, isn't in any open conflict with the government. There are plenty of other examples too. The 2015 film Kodi Adi: K.O.Z. (Codename: K.O.Z.) portrays the alienation of Erdogan and Gulen, but through a pro-government lens. And Semih Kaplanoglu, whose Bal (Honey) won the grand prize at the Berlin Film Festival in 2010, openly supports AKP.
But other filmmakers are clearly pushing the government's buttons, and facing real consequences as a result. The festival showing of Cayan Demirel's 2015 movie Bakur, about the daily lives of PKK guerillas during the peace process, was canceled outright on the pretext that organizers failed to provide an obscure "registration document" that had never been requested at previous festivals. In response, nearly two dozen directors removed their films from the national feature film competition in Istanbul. The jury followed. And in the end, the competition was canceled.
Another taboo: Kurds
The context of the current conflict dates back decades. The Turkish film industry is one of the largest in the world. In its heyday — the 60s and 70s — it brought 200 films per year to the silver screen, more than some European countries like Germany. And for a long time, Turkish cinema routinely dealt with social issues like injustice and the feudal system. The only taboo for the emerging crop of movie stars was having the wrong ancestors.
When Ayhan Isik, one of the country's most beloved stars, died in 1979, an Armenian colleague mourned his passing in the Turkish daily Hürriyet. He concluded his letter with "your uncle Nubar Terziyan." In reality, Isik was born Isiyan, an Armenian name. His shocked family put out their own article saying, “Important correction: Our dearest Ayhan Isik has nothing to do with the piece signed 'your uncle.'" When the star comedian Kenan Pars passed away 30 years later, his true name — Kirkor Cezveciyan (Armenian) — was revealed as well.
Another taboo are the Kurds, and not just since Erdogan terminated the peace process with Kurdish rebels. Six months ago, Karim Oz's Zer (Yellow), a historical drama on the massacre of Dersim, during last large Kurdish uprising some 75 years ago, premiered at the Istanbul Film Festival. Halfway through the festival screening, the screen went black and typeface appeared: "You may not view this scene because the governing board of the Turkish Ministry for Culture and Tourism considers it inappropriate." When the film later appeared in theaters, the blackened passages were missing altogether.
As the controversy over Bakur demonstrated, liberal festivals have become the main staging ground for confrontation. A documentary film about the 2013 Gezi Park protests was taken off the schedule of events at a festival in Antalya, presumably because it showed anti-Erdogan graffiti. As a result, every single participating director declared a boycott. The documentary competition was then dropped entirely
The festivals face intense financial pressure. The main sponsor in Istanbul, Akbank, pulled out for fear that it would be associated with troublemakers. And in Adana, the city council fired the entire festival selection committee and replaced it with public officials who had no formal knowledge of cinema.
So far, there's no official industry blacklist. In practice, though, certain filmmakers are being left out in the cold. Examples include internationally renowned directors like Emin Alper (his Abluka is currently in German theaters), Tolga Karacelik (his last film was at Sundance), and Erol Mintas (he won a prize in Sarajevo). Since Turkey pulled out of the Brussels-based "Creative Europe" program, there are even fewer opportunities.
In Alper’s Abluka (Madness), authorities prematurely release a prisoner so that he can spy on his neighbors. He doesn't have much success. Instead, he moves through a nightmare of roadblocks, images of terrorist attacks on television, and wild dogs picking off residents. It isn't an anti-Erdogan film per say. But it does show a country that is going, quite literally, to the dogs.
German to English: The Flash Rise Of Sebastian Kurz, Austria's Emmanuel Macron General field: Social Sciences Detailed field: Government / Politics
Source text - German Source: Die Welt
Sebastian Kurz war wohl der Schnellste. Noch schneller am Ende als Emmanuel Macron, der andere Superjungstar dieses Jahres. Denn wenn Kurz die Wahl gewinnt – nach Hochrechnungen vom Sonntagabend liegt er vorn, vor SPÖ und FPÖ –, dann brauchte er nur fünf Monate für drei Unglaublichkeiten: Umbau einer maroden Volkspartei zur Ein-Mann-Polit-Maschine, Entzaubern einer unaufhaltsam scheinenden Rechtspartei – und Wahl zum mächtigsten Mann im Staat. Sein französisches Pendant Macron hatte für dieses Triple sechs Monate benötigt.
Die neu designte ÖVP von Kurz errang bei der Parlamentswahl am Sonntag laut Hochrechnung die meisten Stimmen. Der mit 31 Jahren jüngste europäische Außenminister könnte nun Österreichs neuer Bundeskanzler werden – und Europas jüngster Regierungschef aller Zeiten.
Es begann am 12. Mai, als Kurz auf ein Podium in Wien trat, die rot-weiß-rote Fahne und das blau-gelbe europäische Sternenbanner hinter seinem schmalen Körper im taillierten Anzug. Die Argumentation schneidend klar, verpackt in weichen Wiener Singsang, kündigte er eine Revolution an. „So wie es war, kann es nicht bleiben“, sagte er. 72 Jahre hatte der Status quo gedauert, so lange gab es die Österreichische Volkspartei (ÖVP). Nun verschwand sie, nicht dem Namen, aber der Sache nach. Es war das Ende einer Partei, in der Ränkespiele längst das Ringen um Inhalte ersetzt hatten.
Erst „Geil-o-mobil“, dann startete er durch
Kurz gründete keine neue Partei, im Gegensatz zu Macron. Er baute seine neue Partei einfach in die alte hinein. Auf 20 Prozent war die ÖVP zuvor gesunken – und lag damit hinter den Sozialdemokraten von der SPÖ und den Rechtsnationalisten von der FPÖ. Mit Österreichs beliebtestem Politiker an der Spitze schoss die ÖVP in den Umfragen sofort über 30 Prozent an die Spitze. Vorbei an der FPÖ, die seit der Flüchtlingskrise auf Kanzlerkurs gewesen war. So wie Macron fast spielend Marine Le Pen überholt hatte.
Als die ÖVP im Jahr 1986 nach fast zwei Jahrzehnten Opposition an die Macht kam, kam Sebastian Kurz im Wiener Arbeiterbezirk Meidling zur Welt. Dort wohnt er heute noch mit seiner langjährigen Lebensgefährtin. Das Jurastudium, das er mit 19 Jahren begann, beendete er nie. Mit 23 Jahren wurde er Chef der ÖVP-Jugend – und machte bald österreichweit auf sich aufmerksam, als er 2011 mit einem großen amerikanischen Geländewagen, dem „Geil-o-mobil“, und leicht bekleideten Damen für seine Wahlkampagne „Schwarz macht geil“ posierte.
Schrecklich peinlich, könnte er das doch ungeschehen machen, heißt es heute oft. Wer die Videos ansieht, sieht eher einen Provokateur, der weiß, was er tut. Erstaunlich an der Geil-o-Episode ist eher, dass Kurz da schon 25 Jahre alt war – ein Alter, in dem ehrgeizige Parteijugendchefs eben auf solche Dinge kommen. Kurz tat etwas Altersgerechtes. Zum letzten Mal. Dann startete er durch. Im selben Jahr wurde er Staatssekretär für Integration, setzte auf die Themen Islam, Leitkultur und Identität. Sie brachten im kleinen Amt große Aufmerksamkeit.
Kurz legte sich mit der mächtigsten Frau Europas an
Hier trainierte er sich erstmals in der sensiblen Kampfkunst, die FPÖ nach rechts abzudrängen. Damals fand Kurz seine Strategie, die er bis heute nutzt. Er spricht die Themen an, denen alle Rechtsnationalisten ihren Aufstieg verdanken. Er attackiert die FPÖ auf ihrem eigenen Terrain, statt sich über deren Wähler zu erheben, statt auszugrenzen – und die Partei dadurch groß zu machen.
Das setzte er fort, als er im Jahr 2013 mit 27 Jahren zum Außenminister wurde. Ruhig und klar sprach er, überzeugt von seiner Analyse, auch konfrontativ. Und doch wirkte er selten altklug. Europa staunte, aber völlig ernst nahm es den jungen Mann mit den glatten Wangen nicht. Erst zwei Jahre später kam die Chance, aus dem Kuriositätenkabinett in die politische Champions League zu wechseln. Kurz musste sich dafür nur mit der mächtigsten Frau des Kontinents anlegen.
Zu Beginn des Jahres 2016 sollten ihn Angela Merkel und die Deutschen kennenlernen. An einem Januarabend etwa, als er plötzlich im „heute-journal“ zu sehen war, zugeschaltet aus Wildbad Kreuth. „Ich werd’ mich sicher nicht in die deutsche Debatte einmischen“, sagte er damals. Und mischte sich sofort frontal ein, forderte die Einführung einer Flüchtlingsobergrenze und die Schließung der Balkanroute.
Türkis wurde die neue Parteifarbe
„Es geht auch darum, die Wahrheit auszusprechen“, sagte er. Merkels Flüchtlingspolitik blende die Wahrheit oft aus, sollte das heißen. Das kam bei vielen in Deutschland an. Dann ließ Kurz Taten folgen. Er organisierte die Schließung der Balkanroute, hinter dem Rücken von Merkel. Die Kanzlerin schloss den Türkei-Deal erst kurz darauf.
Es war das diplomatische Meisterstück des Sebastian Kurz, die Basis für den Kampf um die Kanzlerschaft. Der Wahlkampf selbst wurde dann ein professioneller Public-Relations-Feldzug, auch er ähnelte jenem von Macron.
Türkis wurde zur neuen Parteifarbe, und auf den türkisfarbenen Internetseiten gab es viele kurze, klare Botschaften. Niedrigere Steuern, schlanker Sozialstaat. Und all jene Positionen, mit denen er seine Partei in die angestammten Jagdgründe der FPÖ wuchtete: null Toleranz gegenüber einem antidemokratischen Islam, hartes Durchgreifen gegen Kriminelle, Bekämpfung der illegalen Migration.
Auf der Linken schäumen sie
Viel wurde gespottet, dass Kurz, egal um welches Thema es im Wahlkampf ging, immer ganz schnell bei der Migrationsfrage landete. In Interviews, in TV-Duellen drohte jederzeit das doppelte Ceterum Censeo des Kandidaten. Es lautete: Ich, Kurz, habe die Balkanroute geschlossen. Und: Ich, Kurz, war der Erste, der sagte, dass auch die Mittelmeerroute geschlossen werden kann.
Auf der Linken schäumen sie, ein Populist sei der junge Schnösel mit den extrem schmal geschnittenen Anzügen. Er spiele das Spiel der Rechtsnationalen, schüre wie die FPÖ den Ausländerhass. Wer Kurz beobachtet, wenn er über diese Themen spricht, sieht aber alles andere als einen Demagogen.
Wie im Juli, als er in der Nachrichtensendung „ZIB 2“ wieder einmal die Schließung der Mittelmeerroute forderte. Die Lage sei doch komplexer als auf der Balkanroute, sagte die Moderatorin und fragte schnippisch: „Herr Minister, wie schließt man ein Meer?“ „Ich glaube, die Situation ist nicht komplexer, sondern anders“, antwortete Kurz ruhig.
Populär bei Liberal-Konservativen und FPÖ-Wählern
Spanien habe vor zehn Jahren gezeigt, wie man illegale Migration über ein Meer bekämpfe. Das Prinzip sei immer gleich. Man dürfe die Menschen, die gerettet werden, nicht nach Europa bringen, sondern zurück an die Küste. Ohne die Aussicht, nach Europa zu kommen, versiege der Strom der Migranten. Inzwischen hat Italien dieses Prinzip umgesetzt, die Route gilt als geschlossen.
Kurz wankte nie ein Jota bei seiner Meinung – die sich am Ende oft durchsetzte. Populismus? Eher Realismus. Aber wo ist da schon die Grenze? Als Kurz am 12. Mai seinen Angriff auf das Kanzleramt startete, sagte er auch: „Ich versuche das zu tun, was ich für richtig erachte, unabhängig davon, ob es gerade populär ist oder nicht.“
Das ist nur halb wahr. Kurz folgt oft seinen Überzeugungen, ja. Aber meistens sind es Positionen, die nur unbeliebt auf der Linken sind. Bei den Liberal-Konservativen und FPÖ-Wählern sind seine Äußerungen populär.
Kurz als Macron der Migration?
Oft genug bringen seine Positionen sowohl Linke als auch Rechte gegen ihn auf. So wie das auch Macron erlebt. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache verzweifelte im Wahlkampf jedenfalls an Kurz. Am Ende blieb ihm nur, sich als Original, Kurz als Kopie darzustellen. Die FPÖ druckte zuletzt Plakate, auf denen Strache als „Vordenker“ vor Kurz abgebildet ist. Sicher, die FPÖ thematisierte Migration, Sicherheit und politischen Islam als erste Partei.
Aber Kurz griff die Sujets als erster konservativ-liberaler, europäisch gesinnter Politiker aggressiv auf. Für Europa könnte Kurz eine ähnliche Chance sein wie Macron. Mit dem Franzosen und dem Österreicher als Stützen könnte Deutschland in der EU womöglich besser vermitteln. Mit Macron könnte die Euro-Zone reformiert und die Kluft zu Südeuropa kleiner werden. Mit einer stabilen Basis für den Euro – ohne radikale Sparpolitik, aber auch ohne das Abwälzen von Schulden auf andere Staaten.
Sebastian Kurz könnte der Macron des Ostens, der Macron der Migration sein. Wird er Kanzler, könnte er helfen, die in den Flüchtlingskrisen verprellten Osteuropäer einzubinden, denen Österreich traditionell nahe ist. Es liegt auch an Merkel, die Chancen zu nutzen, die Macron und Kurz ihr bieten.
Translation - English Sebastian Kurz was faster than Emmanuel Macron. Following the rapid rise of this year’s other young political superstar, Kurz’s victory Sunday in Austria’s parliamentary election was even more stunning — and swift. He needed only five months to pull off three unbelievable feats: to rebuild the washed-out Austrian People’s Party (ÖVP) into a one-man political machine, to break the spell on a seemingly unstoppable far-right, and to become the most powerful man in Austria. His French counterpart needed six months to do the same.
At 31, Europe’s youngest foreign minister is now set to become Austria’s new Chancellor — and Europe’s youngest head of government ever.
Unlike Macron, Kurz did not found a new political movement. He instead built his new party from within the old. Before him, the Austrian People’s Party’s share of the electorate had sunk to 20% — behind the Social Democrats and the far-right Freedom Party of Austria (FPO). But once Austria’s most popular politician took over the party’s leadership this past spring, the ÖVP immediately shot up in the polls, rising above 30%.
It bested the far-right rivals, which had appeared to be en route to capturing the chancellorship ever since the migrant crisis began two years ago. That too was reminiscent of this past spring’s win by Macron, who fended off far-right leader Marine Le Pen.
The same year that the ÖVP came to power in 1986, after two decades of being the opposition, Sebastian Kurz was born into Vienna’s working-class district of Meidling, where he still lives today. At 19, he began studying law but never finished. At 23, he became the chairman of the ÖVP’s youth branch, where he first made a name for himself by traveling the country during an election campaign in a black Hummer, his so-called "Geil-o-mobil," accompanied by scantily-clad women. [In German, geil is a slang term for "cool,” though it literally means "horny.”]
But since then, he has largely played it straight — and accelerated, soon becoming the state secretary for integration, focusing on the issues of Islam, majority culture, and identity, before getting the foreign minister's job at the age of 27. Kurz has strategically positioned himself left of the far-right, offering an alternative to populist nationalism but also a strict stance on unfettered immigration and political Islam. Like Macron, Kurz’s positions place the political left and right against him. In particular, he has angered the far-right by stealing their thunder on issues like migration and security.
This leaves Sebastian Kurz to be the Macron of the East.
Kurz has aggressively taken up these subjects and staked out a unique position in Europe’s current debate, balancing hardline conservative views with a firm commitment to the EU. Like Macron, Kurz could offer an opportunity for all of Europe. With the support of the French and the Austrians, Germany is in a stronger negotiating position in the EU. Macron could reform the eurozone and shrink the gap in southern Europe by providing a stable foundation for the euro — without radical austerity and transferring debts to other countries.
This leaves Sebastian Kurz to be the Macron of the East, and the Macron of migration. He could help integrate those eastern European countries that have historically been close to Austria and that more recently have been bogged down by the refugee crisis. Now that these dashing newcomers have each won their first term, it’s time for them to start working with Angela Merkel, who just won her fourth.
German to English: Post-Soviet Agitprop, How Putin Is Winning Social Media General field: Social Sciences Detailed field: Government / Politics
Source text - German Schon die erste Frage brachte Wladimir Putin zum Schmunzeln. „Nutzen Sie soziale Netzwerke?“, wollte ein blonder Teenager wissen. Und mit breitem Lächeln fügte er hinzu: „Wenn Sie sich etwa nach einem harten Arbeitstag erholen, scrollen Sie durch Ihren Instagram-Feed oder schauen Sie YouTube?“ Solchen Fragen musste sich der russische Präsident vor Kurzem in Sotschi stellen. Sein Treffen mit mehreren Hundert Schülern dauerte drei Stunden und wurde live im Fernsehen übertragen.
Es ist kein Zufall, dass sich Putin ausgerechnet jetzt mit Teenagern trifft. Zwar ist nur ein kleiner Teil der Jugend im ganzen Land politisch aktiv. Doch es ist nicht zu übersehen: Eine neue Generation bezieht Informationen aus dem Internet und lässt sich nicht so einfach durch die erprobte Fernsehpropaganda beeinflussen. Das klingt für den Kreml nach Kontrollverlust.
Und es gibt konkrete Anzeichen dafür: Der Oppositionelle Alexej Nawalny, der bei den Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr kandidieren will, hat es in den letzten Monaten schon zweimal geschafft, Jugendliche zu nicht genehmigten Demonstrationen im ganzen Land auf die Straße zu bringen.
Offiziell hat Wladimir Putin immer noch nicht angekündigt, dass er 2018 wieder bei den Wahlen kandidiert. Aber kaum jemand zweifelt daran, dass er nicht nur kandidieren, sondern auch im Präsidentenamt bestätigt wird. Und nun zeichnet sich ab, dass Jugendthemen im Zentrum des Wahlkampfs stehen. Jugendpolitik, Jugendarbeit, patriotische Erziehung der Jugend – das hat gerade in Russland Konjunktur.
In Sotschi offenbarte Putin bei seiner Antwort auf die Teenagerfrage wenig Modernität. Nein, er habe keine Zeit für Instagram, so der Kremlchef, sein Arbeitstag ende so spät, dass er nur daran denke, ins Bett zu kommen. „Um ehrlich zu sein, nutzen Mitarbeiter von meinem Apparat, meiner Administration, das Internet in allen Formen. Aber ich persönlich nutze es praktisch nicht.“ Ein Nickname? Er verstehe nicht, warum jemand so etwas brauche, so Putin. Während seiner Zeit beim Geheimdienst habe er das Pseudonym „Platow“ gehabt, verriet er.
Letztlich wirkte der Präsident bei diesem Auftritt wie ein Opa mit Kindern oder wie ein „aussterbender politischer Dinosaurier“, wie es die Politologin Tatjana Stanowaja vom unabhängigen Thinktank „Zentrum für politische Technologien“ formulierte.
Russlands politische Elite, die vorwiegend noch in der Sowjetunion sozialisiert wurde, spricht eine ganz andere Sprache als die Jugend. Nun sollen regierungstreue Internetstars dabei helfen, Politiker und Schüler einander näher zu bringen. Im Mai hörten russische Abgeordnete einer jungen Frau zu, die brav ihre Rede vortrug: „Mein Name ist Sasha Spilberg, ich bin Videobloggerin und habe in sozialen Netzwerken eine Reichweite von über zehn Millionen Menschen.“
Die 19-jährige Bloggerin wurde mit Videos populär, in denen sie etwa in einer Badewanne voller Chips sitzt (mehr als vier Millionen Clicks) oder erzählt, wovor sie Angst hat, wenn sie alleine zu Hause bliebt (9,5 Millionen Clicks). Unter solchen Videos tauchte im April auf einmal ein Interview mit dem Kulturminister Wladimir Medinski auf, der russische Kinofilme und Internetseiten über russische Kultur empfahl. Dieses Video kam aber beim Internetpublikum deutlich schlechter an als die Chips.
Kurz danach traf sich im russischen Parlament ein „Blogger-Beirat“. Unter den Teilnehmern war zum Beispiel Jelisaweta Peskowa, die Tochter des Kreml-Sprechers Dmitri Peskow. Bis vor Kurzem studierte die 19-jährige Blondine noch in Paris und postete bei Instagram vor allem Bilder aus Schönheitssalons und Selfies, am liebsten in schulterfreien Kleidern und Stöckelschuhen. Jetzt ist sie zurück in der Heimat und arbeitet für eine Organisation, die sich mit der „Förderung der patriotischen Erziehung und der jungen Unternehmer“ befasst.
Über die Erfolge der Gruppe ist bis jetzt nichts bekannt. Doch der Instagram-Feed von Peskowa ist deutlich staatstreuer geworden. Noch im Februar konnte sie sich erlauben, das russische Bildungssystem als „Hölle“ zu bezeichnen. Jetzt fährt sie in die tschetschenische Hauptstadt Grozny, postet Bilder, auf denen sie mit Republikchef Ramsan Kadyrow tanzt und nennt ihn einen „Freund, der immer die Wahrheit sagt“.
Auch die klassischen Methoden der patriotischen Erziehung kommen zum Einsatz: An mehreren Schulen hielten Lehrer in den letzten Monaten Vorträge gegen die Opposition. In Tomsk erzählte etwa ein Lehrer, Liberalismus sei das Gleiche wie Faschismus und führe die Menschheit in die Hölle. In Toljatti erklärte eine Schuldirektorin, dass Nawalny „Millionen“ aus dem Ausland für seine Tätigkeit bekomme. Doch die Schüler blieben eher skeptisch. Mehr noch: Sie nahmen die Gespräche mit ihren Handys auf und stellten sie ins Netz.
Ein erster Versuch des Kremls, die Jugend verstärkt anzusprechen, begann 2003, nach der Orangenen Revolution in der Ukraine. Das Ziel von Wladislaw Surkow, als graue Eminenz des Kremls damals für die Innenpolitik zuständig, bestand darin, einen Aufstand wie den auf dem Maidanplatz in Kiew in Russland zu verhindern.
Opportunismus statt Ideologie
Dafür wurden patriotische Jugendbewegungen gegründet, das Geld floss aus Staatskassen: Sommercamps wurden organisiert, die Putin-Jugend aus der Bewegung „Naschi“ verbrannte in Moskau sogar Bücher des Oppositionellen Boris Nemzow oder des Schriftstellers Wladimir Sorokin und griff Regierungsgegner an.
Doch als es 2011 wirklich zu Protesten kam, war von der Putin-Jugend niemand auf der Straße, um die Kremllinie zu verteidigen. Es zeigte sich: Die meisten Jugendlichen waren dort nicht aus ideologischen, sondern aus pragmatischen Gründen Mitglieder geworden – sie wollten vor allem neue Beziehungen knüpfen und Karriere machen.
Alle von oben angeordneten Projekte der patriotischen Jugenderziehung haben dieses gemeinsame Problem: Nur wenige Teenager wollen freiwillig und aufrichtig daran teilnehmen. Aus diesem Grund entwickelte sich denn auch aus keiner Putin-Jugendorganisation eine moderne Version der sowjetischen „jungen Pioniere“. Womöglich kam es dem Kreml darauf auch nicht an.
Man wertete es schon als Erfolg, wenn Jugendliche nach den Sommercamps grundsätzlich alles anzweifelten: die Opposition, die Demokratie, den Westen. „Jeder erfolgreicher Naschist ist auf jeden Fall ein Mensch, der auf keinen Fall auf die Straße geht, um Putin zu stürzen“, argumentiert der russische Publizist Oleg Kaschin. „Und bis vor Kurzem war das für den Kreml genug, dort brauchte man im Prinzip nie den lauten Loyalismus.“
Nach der Krim-Annexion und angesichts des Krieges in der Ostukraine ist die patriotische Rhetorik freilich lauter geworden. Neben „patriotischer Erziehung für junge Unternehmer“ gibt es inzwischen auch den militaristischen Zweig. Der jüngste Versuch, eine patriotische Massenorganisation zu gründen, ist ein Projekt des Verteidigungsministeriums: Die sogenannte Jugendarmee existiert seit einem Jahr und hat nach eigenen Angaben mehr als 117.000 Mitglieder. Behörden und Schulen helfen dabei, Schüler anzuwerben.
Bei den Sommercamps dreht sich alles um militärische Geschichte, Wehrertüchtigung, Patriotismus und große russische Siege. Teenager lernen schießen und stellen historische Schlachten nach. Im Mai marschierten sie in Militäruniform und roten Mützen über den Roten Platz als Teil der Parade am „Tag des Sieges“.
Wie Anfang der Nullerjahre neigen vor allem Schüler aus der Provinz, die nicht viele Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung haben, dazu, den Jugendorganisationen beizutreten. Auch hier handeln nur wenige aus ideologischen, viele aber aus pragmatischen Gründen. Da ist nicht jeder, der schießt, auch ein Militarist, im Gegenteil.
Lieber Offizier an der Uni als echten Wehrdienst
So beschrieb Mascha Taub, eine Kolumnstin der Tageszeitung „Kommersant“, die Motivation ihres Sohnes: In der letzten Schulklasse hatte er begonnen, schießen zu lernen. Denn er wollte unbedingt einen sportlichen Rang erreichen. Damit ist ihm garantiert, an der Universität am Unterricht des militärischen Lehrstuhls teilnehmen zu dürfen, wo auch an zivilen Universitäten Offiziere ausgebildet werden.
Tatsächlich ist für viele junge Männer der Grund, diese Laufbahn zu absolvieren, banal: Für sie ebnet sie den Weg, nicht in die Armee eingezogen zu werden. Als Offizier muss man nur für einige Wochen zum Militärtraining. Im Gegensatz dazu ist ein Jahr Wehrdienst bei der Armee für viele junge Russen ein Albtraum.
Translation - English The very first question made Vladimir Putin smile. "Do you use social media?" a blond teenager wanted to know. And with a grin, the boy added: "If you want to unwind after a hard day at work, do you scroll through your Instagram feed or do you watch YouTube?" The Russian president had to surrender himself to "tough" questions such as these last month in Sochi when he met with several hundred students — an interaction that was broadcast live on TV.
It isn’t a coincidence that Putin is meeting teenagers. Only a small percentage of young people in Russia are politically active. But politicians still can’t afford to ignore them; the new generation gets information through the internet and is not easily influenced by tried-and-tested methods of TV propaganda. For the Kremlin, this signals a loss of control.
Opposition leader Alexei Navalny, who plans to run for president in next year’s election, has drawn young people to the streets nearly twice for unauthorized protests across the country.
Only a small percentage of young people in Russia are politically active, but politicians still can’t afford to ignore them.
Putin has not yet officially announced his candidacy for the 2018 vote. But no one doubts that he will not only run again but that he will also win. And now issues pertaining to young Russians have emerged at the center of the campaign: youth policy, youth employment, the “patriotic education” of the youth — these topics all have political currency in Russia.
In Sochi, Putin’s answers to teenagers’ questions were revealing: No, he doesn't have time for Instagram. His workday ends so late that he can only think about going to bed. "To be honest, colleagues in my apparatus, my administration, use the internet in all forms. But personally, I practically never use it." A nickname? He says that he doesn't understand why someone needs something like that. But he does tell the gathered crowd that while he was working for the KGB, he was codenamed "Platov."
At the outset, the Russian president looked like a grandpa around children, or like a "dying political dinosaur" as described by political scientist Tatiana Stanovaja from the independent think tank Center for Political Technologies.
Russia’s political elite speaks a different language from young people today. So now, internet stars loyal to the government help bring politicians and students closer. In May, Russian deputies listened to a speech by Sasha Spilberg, a video blogger with a following of 10 million people on social media.
The 19-year-old became famous for videos that are often silly. In one, which accrued more than four million views, she sits in a bathtub filled with potato chips. In another, with nine and a half million views, she tells her viewers what frightens her when she is home alone. In April, an interview with the Minister of Culture Vladimir Medinski suddenly appeared among these clips in which he recommended Russian films and internet sites on Russian culture. But this video wasn't as popular with her fans as the one with the chips.
Shortly after that, a "blogger advisory committee" convened in the Russian parliament. Among the participants was Jelisaveta Pieskowa, 19, the daughter of Putin’s press secretary Dmitry Peskov. She had studied in Paris until recently, often posting selfies and pictures from beauty salons to Instagram. She especially likes strapless clothing and high heels. Now she is back in her homeland working for an organization that deals with "the promotion of patriotic education and young entrepreneurs."
No one knows yet how successful this advisory group will be. However, Peskova’s Instagram clearly shows her loyalty to the Russian state. In February, she got away with describing the Russian educational system as "hell." Last month, she traveled to the Chechen capital Grozny, posting pictures of herself dancing with its president, Ramzan Kadyrov, and calling him a "friend who always speaks the truth."
Kremlin’s first attempt to attract the youth began in 2003 following the Orange Revolution in Ukraine. The goal of Vladislav Surkov, who was then responsible for domestic policy at the Kremlin, was to prevent an uprising in Russia like the one that took place on the Maidan in Kiev.
Patriotic youth movements were founded for this reason. Money flowed in from the state coffers. Summer camps were organized. The "Putin Youth" from the Nashi movement burned books by opposition leader Boris Nemtsov and author Vladimir Sorokine in Moscow, and attacked critics of the government.
But when protests broke out in 2011, no one from the Putin Youth took to the streets to tow the Kremlin’s line. Instead, most young people became members for pragmatic reasons. Above all, the wanted to forge new relationships and set up their careers.
All patriotic youth educational schemes that are directed from above have the same problem: few teenagers participate voluntarily or sincerely. Because of this, a modern version of the Soviet-era "Young Pioneers" has not emerged from any of the pro-Putin youth organizations. The Kremlin possibly doesn't care. Its efforts are still successful as youngsters leave summer camps doubting the opposition, democracy, and the West.
"In any case, every successful ‘Nashist’ is a person who will not head out into the streets to topple Putin in any case whatsoever," the Russian publicist Oleg Kashin argued. "And until recently that was enough for the Kremlin. In principle, they don’t need noisy loyalism."
After the annexation of Crimea and in light of the war in eastern Ukraine, the patriotic rhetoric admittedly became louder. In addition to "patriotic education for young entrepreneurs", a militaristic branch has developed. The most recent attempt to set up a patriotic mass organization is a project of the Defense Ministry: the so-called "Youth Army" has existed for a year and claims a membership of some 117,000 young people. Local authorities and schools help to recruit students.
The summer camps teach military history, combat training, patriotism and important Russian victories. Teenagers learn to shoot guns and reconstruct historic battles. In May, the Youth Army marched in military regalia and red caps across the Red Square as part of the Victory Day parade, celebrating the Allied victory in Europe in World War II.
As early as the beginning of this century, students, particularly from the countryside who did not have many possibilities for recreation, tended to participate in the youth organizations. But again, only a few joined out of ideological conviction. In other words, not everyone who practiced shooting at the camps was a militarist.
Masha Taub, a columnist for the daily newspaper Kommersant, recently described how the movement seduced her son: In his final year of school, he had began to learn shooting. Then, he wanted to win a sporting competition. That would guarantee him a spot at university to study under the military chair, who educates officers even at public universities.
In fact, for many young men, the reason for following this path through higher education is the same: It paves a way out of the army. As officers, they can complete their compulsory military training in the course of a few weeks. The alternative is one year of military service, which for many young Russians would be a nightmare.
German to English: Nazis v. AfD, Can We Really Compare Germany's New Far Right To Past? General field: Social Sciences Detailed field: Government / Politics
Source text - German Der Erdrutsch kam nicht überraschend. Seit Monaten hatten steigende Ergebnisse bei Landtagswahlen auf einen bevorstehenden Erfolg der Rechtsradikalen hingewiesen. Trotzdem war das Erschrecken groß, als die konkreten Ergebnisse bekannt wurden: Die bereits erledigt geglaubte Partei hatte je nach Wahlkreis ihren Stimmanteil mal versechsfacht, mal verdreißigfacht. Am Ende lautete das Ergebnis 18,3 Prozent für die NSDAP.
Auf solche Zuwächse wie die Hitler-Bewegung bei der Reichstagswahl am 14. September 1930 kam die AfD bei der Bundestagswahl 2017 zwar nicht: Ihr Gesamtergebnis konnten die Rechtspopulisten gegenüber 2013 auf 12,6 Prozent knapp verdreifachen. Trotzdem wird bereits vielfach der Vergleich mit der Hitler-Bewegung gezogen. Natürlich darf man, mit der bei Nazi-Vergleichen angemessenen Sorgfalt, beide Parteien parallel betrachten; es ist sogar die einzige Möglichkeit, neben Ähnlichkeiten auch konkrete Unterschiede festzustellen.
Wie die NSDAP 1930 ist die AfD eine (noch relativ kleine) Volkspartei des Protestes. Nicht ein bestimmtes Milieu (wie in der Weimarer Republik die Katholiken bei der Zentrumspartei oder wie 2017 bei den Grünen das städtische linksliberale Bürgertum) hat blau gewählt. Sondern enttäuschte, frustrierte, vielfach angsterfüllte Menschen, die sich in ihrem vermeintlichen Elend gefallen.
Eine weitere Ähnlichkeit erkennt man, wenn man die wesentlichen Feindbilder von NSDAP und AfD betrachtet. Die Hitler-Bewegung polemisierte erstens hochaggressiv gegen die „November-Verbrecher“ – gemeint waren damit die Politiker, die im November 1918 den Ersten Weltkrieg beendet hatten. Zweitens gegen die damaligen Medien – Hitler schrieb in „Mein Kampf“ von der „mit jedem Mittel der Verleumdung und einer wahrhaft Balken biegenden Lügenvirtuosität arbeitende Tagespresse“. Drittens gegen die „Systemparteien“, also alle demokratischen Parteien.
Die Feindbilder gleichen sich
Die AfD konzentriert ihre Hetze auf den Slogan „Merkel muss weg“ und schickte im Wahlkampf Rollkommandos mit Trillerpfeifen zu jedem Auftritt der Kanzlerin. Die Klage über die vermeintliche „Lügenpresse“ gehört zur DNA jedes AfD-Anhängers. Statt gegen die „Systemparteien“ attackiert die AfD die „Altparteien“.
Noch deutlicher als in diesen drei Punkten ist die Ähnlichkeit zwischen NSDAP und AfD beim alles dominierenden Feinbild: Die Funktion, die der Antisemitismus bei allen Hitler-Anhängern hatte, als „Kitt der Bewegung“, entspricht dem Islamhass als einigendem Band aller Gauland-Weidel-Wähler. Wie einst in der NSDAP gibt es auch in der AfD unterschiedlich scharfe Ausprägungen dieses Ressentiments. Aber wer Muslime nicht aggressiv ablehnt, kann die Rechtspopulisten nicht unterstützen.
Eher eine Ähnlichkeit am Rande ist die gleichermaßen schizophrene Situation, in der sich der SA-Chef Ernst Röhm und die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel befinden: Röhm gehörte als Schwuler zur Führung einer offen homophoben Bewegung, und Weidel ist eine lesbische Frau an der Spitze einer vermeintlich auf traditionelle Familienwerte verpflichteten Partei. Derlei kann man, wenn überhaupt, höchstens mit Selbsthasserklären.
Trotz all dieser Ähnlichkeiten wäre es jedoch ganz falsch, NSDAP und AfD gleichzusetzen. Denn der seriöse Vergleich offenbart eben auch viele Unterschiede. Die bei Weitem wichtigsten betreffen das Führungspersonal und das Engagement der Mitglieder.
Die Hitler-Partei scharte sich um den für seine Zeit perfekten Agitator Adolf Hitler und eine verschworene, spätestens seit 1928 vollständig auf den Mann an der Spitze eingeschworene Führung. Selbst der einzige nennenswerte Konkurrent, Reichsorganisationsleiter Gregor Straßer, buhlte stets um Anerkennung des Parteichefs, stellte sich aber nie offen gegen ihn.
Die disparate Führung der AfD
Die AfD hat hingegen mit Alexander Gauland einen verbittert wirkenden alten Mann als Galionsfigur, der seine provokanten Reden vom Blatt ablesen muss; mit Alice Weidel eine offenbar der Reichsbürger-Ideologie nahestehende junge Frau, die mit einer Partnerin aus einem ganz anderen Kulturkreis ein geradezu typisch grünes Lebensmodell lebt; mit Frauke Petry und Jörg Meuthen zwei an sich bedeutungslose Co-Vorsitzende, die nichts als heftigste Feindschaft miteinander verbindet. Petry bringt sogar das Kunststück fertig, am Tag nach der Wahl die eigene Partei vor den Kopf zu stoßen.
Ähnlich unterschiedlich sieht es bei den Mitgliedern aus: Die NSDAP konnte ihre Anhänger zu enormem Einsatz mobilisieren, viele spendeten buchstäblich ihre letzten Pfennige und opferten ihre Freizeit, um für Hitler Wahlkampf zu machen. Die AfD hingegen muss ihre radikalen Anti-Merkel-Demonstranten mit Mails aufrufen, von Wahlkampfauftritt zu Wahlkampfauftritt der Kanzlerin zu fahren.
Die bei Weitem größte Diskrepanz jedoch herrscht bei den Verhältnissen, in denen die beiden Parteien ihren Erdrutschsieg erzielten. Im Herbst 1930 befand sich die deutsche wie die Weltwirtschaft insgesamt im freien Fall. Die Arbeitslosenzahlen schnellten nach oben, die Einkommen brachen weg.
Vollkommen anders die Situation heute: Trotz großer Probleme wie dem globalen Terror oder dem unberechenbaren Donald Trump geht es den Deutschen heute besser denn je. Noch nie gab es so viele Arbeitsplätze, noch nie wurde so viel konsumiert wie heute. Selbst die noch verbliebenen Arbeitslosen leben weitaus besser als durchschnittliche Beschäftigte 1930. Die Angstfantasien einer vermeintlichen „Umvolkung“ oder des bevorstehenden „Untergangs“ haben keinerlei Begründung in der Realität.
Der seriöse Vergleich von NSDAP und AfD zeigt also, dass es zwar einige Ähnlichkeiten, aber auch wichtige Unterschiede zwischen den Populisten um 1930 und heute gibt. Beruhigend ist das allerdings nicht wirklich.
Denn mit der AfD ist erstmals eine zumindest in Teilen rechtsextreme Partei in Fraktionsstärke in den Bundestag eingezogen. Sie werden, selbst wenn sie sich bald spalten und dann mit dem absehbaren Ende von Angela Merkels Kanzlerschaft ihr zentrales Feindbild verlieren sollten, dieses Land verändern. Natürlich nicht zum Guten, denn das tun radikale Parteien niemals.
Translation - English The final surge was unsurprising. For several months, returns in local elections had suggested the forthcoming success of the far right in last Sunday's national elections. Nevertheless, the shock was palpable when the results came in: a party, thought just a few months ago to to have been largely defeated, had tripled their share of votes in some districts and increased it 30-fold in others. In the end, 18.3% of all votes went to the National Socialist German Workers' Party.
No, the AfD's showing did not quite match the above-referenced gains that the Nazis had made in the Reichstag election of September 14, 1930. At 12.6%, the AfD almost tripled their total number of votes from the previous election in 2013. Still, many observers are noting the analogies between the two electoral moments in German history. Certainly, the comparison can be made — but with due diligence. For alongside these similarities are also key differences.
Like the Nazis in 1930, the AfD is a (still relatively small) protest party. No specific demographic voted for Germany’s newest political party in the recent Bundestag Party as the Catholics had for the Centre Party in the Weimar Republic or urban left-liberal bourgeoisie for the Greens in 2017. Rather, disappointed, frustrated, and in many ways fearful people who had supposedly fallen victim to economic misery and social disillusion turned to the AfD.
There is another recognizable similarity in the Nazi and AfD’s fundamental image of the enemy. Hitler and his supporters very aggressively railed against the so-called “November Criminals,” the politicians who had signed the Armistice ending the First World War in November 1918. Their next target was the media. Hitler wrote in Mein Kampf that “journalists were real virtuosos in the art of twisting facts and presenting them in a deceptive form.” Third, they turned against the so-called “system parties” — in other words, all the standing parties of the German democracy.
Whoever doesn’t aggressively oppose Islam won’t win the support of the far-right populists.
The AfD focused its smear campaign on the slogan “Merkel needs to go” and sent squads of supporters with whistles to every one of the Chancellor's campaign appearances. In the DNA of every AfD supporter is a complaint about the “lying press.” Instead of the “system parties,” the AfD attacks the “old parties.”
Another point of comparison between the Nazis and the AfD is their focus on an enemy in society: The role that anti-Semitism had with Hitler’s adherents, as the "cement of the movement," corresponds to the Islamophobia that binds all AfD voters. As once in the Nazi party, there are also several clear manifestations of this resentment. But ultimately, whoever doesn’t aggressively oppose Islam won’t win the support of the far-right populists.
A more contradictory point is the situation faced by Ernst Rohm, who co-founded the Nazi Party’s Storm Trooper militia, and AfD frontrunner Alice Weidel. Rohm, who was a closeted gay man, was a leader in an openly homophobic movement, and Weidel is a lesbian woman at the head of party supposedly committed to traditional family values. Such contradictions can only be explained, if at all, by self-hatred.
In spite of all these similarities, it would still be entirely wrong to equate the Nazis and the AfD, for serious comparison also reveals many stark differences. By far the most important concerns both parties’ leadership and engagement with their members.
The Nazis rallied around the perfect agitator at that time, Adolf Hitler, who by 1928 had concentrated all power around himself, eventually prompting Germany’s downfall. Even Hitler’s only notable opponent, Reich Organization leader Gregor Strasser, who vied for party leadership, never publicly defied Hitler.
By contrast, the AfD has as its figurehead Alexander Gauland, an embittered old man, who must read his provocative speeches from a sheet of paper. Its lead candidate Alice Weidel is a young woman who is, ideologically speaking, the closest to an early 20th-century fascist despite living her life with a female partner. And finally, Frauke Petry and Jorg Meuthen, the party’s two hapless co-chairs, share nothing else besides a mutual burning hatred for one another. Petry even managed to blow up her own party the day after the election by leaving it completely.
Dissimilarities are of no real comfort.
Similar differences exist in terms of both parties’ membership. The Nazis could mobilize supporters in large numbers. Many literally spent what little money they had and sacrificed their free time in order to help Hitler to win the election. On the other hand, the AfD must call upon their supporters by email in order to convince them to harass Angela Merkel from one campaign rally to another.
But the most noteworthy discrepancy exists in the conditions in which both parties achieved their victories. In the fall of 1930, the Germans found themselves in a world in which the global economy on the whole was in free fall. The number of unemployed laborers was skyrocketing and incomes shrinking significantly.
The situation today is completely different: Despite big problems like global terror or the unpredictability of Donald Trump, Germans are doing better than ever before. Never before have there been so many jobs. Never before has consumption been so great. Even those who are still unemployed lead vastly better lives than the average worker in 1930. The imagined fears of a supposed “ethnic takeover” or the imminent “downfall” of Germany have no basis in reality.
Serious comparison of the Nazi Party and AfD therefore shows that there are some similarities but also important differences between the populists in 1930 and today. But admittedly, these dissimilarities are of no real comfort.
For the first time in decades, members of a right-wing extremist party will be moving into the Bundestag. Even if the AfD falls apart and loses its archenemy at the foreseeable end of Angela Merkel’s chancellorship, the party will change Germany. Radical parties never change things for the better — how much worse remains to be seen.
German to English: Dutch YouTubers Get High In The Name Of Science — And Clicks General field: Science Detailed field: Medical: Pharmaceuticals
Source text - German Auf Ecstasy fühlt sich Rens Polman „so lekker“. „Lekker“, das ist Niederländisch und heißt auf Deutsch: angenehm, wohlig, gut. Er ist einer von drei jungen Niederländern, die auf dem YouTube-Kanal „Drugslab“ (Drogenlabor) illegale Drogen testen. Wenn er auf einen Trip geht, können andere dabei zusehen, was die Drogen mit seinem Körper machen.
Koks, Pilze, Ketamin. Die YouTuber nehmen das, wozu sie die Zuschauer in den Kommentaren unter den Videos auffordern. Manche Videos haben mehr als eine Million Aufrufe. „Wir testen Drogen im Namen der Wissenschaft“, erklärt Rens Polman. „Wir gucken, wie sich Herzschlag und Körpertemperatur verändern. Und wir testen die motorischen Fähigkeiten und das Denkvermögen im Rausch.“
Die YouTuber sitzen in einem Labor mit Hollandflagge und Reagenzgläsern an einem Pult. Der Raum ist in grünliches Licht getunkt, von links ragt eine Marihuana-Pflanze ins Bild. Auf einer Tafel haben sie die chemische Verbindung von Ecstasy angeschrieben. Ein Flachbildschirm steht bereit, Herzschlag und Körpertemperatur anzuzeigen. Blond, hip und jung fügen sich Rens Polman und Co-Moderatorin Nellie Benner in die Mischung aus Labor und Lifestyle-Location ein. Ihr Kollege Bastian Rosman ist heute nicht mit von der Partie. Jede Woche führen zwei der drei YouTuber durch die Show. Einer trippt, der andere guckt zu.
Die YouTuber spielen „Schnick-Schnack-Schuck“. Rens Polman verliert – der Trip geht an ihn. Heute im Programm: Ecstasy.
„Pro Kilo Körpergewicht braucht ihr ungefähr ein bis 1,5 Milligramm“, erklärt Polman den Zuschauern. Ecstasy ist auch in den Niederlanden illegal. Die Pille, die der YouTuber in der Hand hält, haben die Macher der Sendung deshalb auf dem Schwarzmarkt gekauft. „In dieser Pille stecken 126 Milligramm MDMA, das ist der Wirkstoff von Ecstasy“, sagt Polman.
Dann zerteilt Benner die Pille, von der eine halbe genügt, und reicht Polman ein Reagenzglas mit Wasser. Der YouTuber schluckt das Ecstasy. Zwei Stunden später fängt die Droge zu wirken an – Polman hatte vorher gut gegessen, deshalb hat es so lange gedauert.
Wie ich beim „Microdosing“ zu viel LSD erwischte
Der 25-Jährige beginnt, ein warmes Kribbeln in seinem Körper zu spüren. Seine Hände sind nasskalt und sein Mund trocken, aber er fühlt sich „so lekker“, dass er zu tanzen beginnt. „Viele glauben, dass Ecstasy auch Speed enthält, weil sie sich auf dem Trip so energiegeladen fühlen. Das stimmt aber nicht“, erklärt Nellie Benner. Auch das MDMA habe diesen Effekt.
Die Arme von Rens Polman kreisen wie beim Breitensport von hinten nach vorne, seine Augen sind halb geschlossen. Ein Techno-Beat setzt ein. Was das MDMA mit Polman macht, sieht aus wie eine richtig gute Party.
Zwischen Erklärvideo und Drogentrip
Polman verspürt plötzlich so viel Liebe, dass er Moderatorin Nellie Benner umarmen muss. „Ecstasy setzt im Gehirn Serotonin, Dopamin und Adrenalin frei“, erklärt Benner. „Es liegt am Serotonin, warum du mich jetzt so lieb hast.“
„Drugslab“ ist eine Mischung aus Erklärvideo und staatlich finanziertem Drogentrip. Die Idee des Rausches vor Publikum ist in den Niederlanden nicht neu. Der staatliche Fernsehsender BNN zeigt im Fernsehen schon seit 2005 die Sendung „Spuiten en Slikken“ (deutsch: Spritzen und Schlucken), in der die Moderatoren illegale Substanzen ausprobieren.
Was „Spuiten en Slikken“ für die alte Generation ist, soll „Drugslab“ für die Jugend sein. „Junge Menschen wollen echte Menschen sehen, die echte Dinge tun“, sagt der Erfinder der Show, Jelle Klumpenaar. Er nennt die Sendung einen „pädagogischen YouTube-Kanal“.
Die Idee kam ihm, als er auf einem Festival völlig zugedröhnte Jugendliche sah. „Ich habe mich gefragt: Wie kann es sein, dass diese jungen Menschen in so einem Zustand sind?“, sagt er. Er glaubt, dass solche Unfälle seltener passieren, wenn Jugendliche gut über Drogen informiert sind. Das soll „Drugslab“ leisten. Geht das Konzept auf?
Konsumenten können Drogen testen lassen
Die Sendung zeigt den wahren Rausch: Wie „lekker“ sich Rens Polman fühlt, aber auch, wie er seinen Mund öffnet und dabei den Kiefer nach links und rechts verrenkt, seine Zähne aufeinandermalmen und seine Augen hinter seine Lider klappen, sodass man nur noch den weißen Augapfel sieht. Im Fachjargon heißt das „Gesichtskirmes“.
„Das würde mir ein bisschen Angst machen, wenn ich dich gerade auf einer Party treffen würde“, sagt Nellie Benner. Wer MDMA nimmt, erlebt häufig unkontrolliertes Zähneknirschen und Kieferbewegungen. Die Gesichtsmuskeln ziehen sich durch das MDMA zusammen, erklärt Benner, während Rens Polman aussieht, als würde er irgendwo zwischen logopädischer Gesichtsverrenkung und Orgasmus ausharren.
Zu den Gefahren des Konsums sagen die YouTuber nichts. Sie raten dem Zuschauer lediglich dazu, Drogen vor dem Konsum immer testen lassen. In den Niederlanden gibt es, anders als in Deutschland, staatlich finanzierte Stellen, bei denen Konsumenten die Substanzen testen lassen können. Im Jahr 2016 haben über 12.000 Konsumenten ihre Drogen beim DIMS (Drug Information and Monitoring System) überprüfen lassen, davon waren mehr als die Hälfte Ecstasy-Pillen.
Gefährliche Ecstasy-Trends
Das Programm ist in erster Linie keine Dienstleistung für den Konsumenten, sondern hat politische Gründe: Die niederländische Regierung will wissen, welche Drogen auf dem Schwarzmarkt zirkulieren. „Durch die Tests wissen wir, welche Substanzen in den Drogen enthalten sind. So können wir Warnungen herausgeben, wenn zusätzliche gefährliche Stoffe in den Drogen stecken“, sagt Daan van der Gouwe, der beim DIMS-Programm arbeitet.
Im vergangenen Jahr startete van der Gouwe eine landesweite Kampagne, um vor dem Stoff PMMA in Ecstasy zu warnen. Er ist billiger als MDMA und wird Ecstasy deshalb aus Kostengründen beigemischt. Der Konsum kann allerdings tödlich enden, weil sich durch PMMA die Körpertemperatur stark erhöhen kann und die Droge zum Teil zu inneren Blutungen führt.
„Ein zweiter gefährlicher Trend ist, dass Ecstasy-Pillen immer stärker dosiert sind. Eine Pille enthält heute durchschnittlich doppelt so viel MDMA wie noch vor zehn Jahren“, sagt er. Viele Konsumenten würden weiterhin eine ganze Pille schlucken, obwohl eine halbe inzwischen reichen würde. Das sei riskant, weil eine Überdosierung zu Herzproblemen und erhöhter Temperatur führen kann.
Im schlimmsten Fall könne so auch eine saubere Droge tödlich wirken. „Mediziner berichten uns von immer mehr Patienten, die eine Überdosis von den starken Pillen genommen haben. Die Leute denken, dass Ecstasy eine harmlose Partydroge ist, aber das stimmt nicht“, sagt er.
„Drugslab“ zeigt den risikofreien Rausch
Die Gefahren einer Überdosis benennen die YouTuber nicht. Auch, welche gefährlichen Stoffe in illegalen Drogen stecken können und was passiert, wenn jemand gepanschte Drogen konsumiert, sagen sie nicht.
In einem Land wie den Niederlanden ist das kritisch: Denn außer Marihuana und einigen anderen natürlichen Substanzen sind fast alle Drogen illegal. Der Staat kontrolliert sie nicht, bevor sie auf den Markt kommen. Auch das Testangebot des DIMS-Programms ändert daran nichts. „Wir testen nur einen ganz kleinen Ausschnitt der Drogen, die tatsächlich auf dem Markt sind. Die meisten Konsumenten nehmen weiterhin Drogen, ohne sie vorher testen zu lassen. Aber immerhin haben sie jetzt diese Möglichkeit“, sagt van de Gouwe. Es seien vor allem die gebildeteren Konsumenten, die Drogen überprüfen ließen.
Der Bildungsanspruch von „Drugslab“ ist deshalb nicht falsch. Wer sich die Show anguckt, bekommt allerdings eher Lust, selbst eine Pille einzuschmeißen. So erfährt der Zuschauer, dass Rens Polman im Rausch zwar keinen Tennisball mehr fangen kann, ein Eis am Stiel auf MDMA aber – wer hätte es gedacht – „so lekker“ ist. Die YouTuber nennen das „wissenschaftliche Tests“.
Macher Jelle Klumpenaar findet das nicht schlimm: „Ich glaube, es gibt keinen besseren Weg, jungen Menschen zu zeigen, was Drogen mit dem Körper machen, als eine unterhaltsame Sendung zu produzieren“, sagt er.
Translation - English Rens Polman feels "so lekker" — Dutch for "pleasant" or "good" — on ecstasy. The young man is one of three people in the Netherlands who tests out illegal drugs on their YouTube channel Drugslab. When he goes on a substance-induced trip, others can see what the drugs do to his body.
Cocaine, mushrooms, ketamine, the YouTubers take whatever viewers request in the comments section of their videos. Some videos have more than a million views. "We test out drugs in the name of science," Polman explains. "We see how pulse and body temperature change. And we test motor skills and ability to think while intoxicated."
The YouTubers sit in a laboratory with a Dutch flag and test tubes on the desk. The room is bathed in green light. To the left, a marijuana plant sits just in view. They have scrawled the chemical compound of ecstasy on a chalk board. A flat screen television is at the ready to display pulse and body temperature.
Blond, hip and young, Polman and co-presenter Nellie Benner are today's hosts. Their colleague, Bastian Rosman, has the day off. Every week, two of the three YouTubers host the show. One "trips" (to use the appropriate jargon). The other watches.
The YouTubers play "rock-paper-scissors." Rens Polman loses — he will be the lab rat. Today's menu: ecstasy.
"You need about one to 1.5 milligrams per kilo of body weight," Polman tells his viewers. Ecstasy is illegal in the Netherlands. The pills that he has in his hand are from the black market. "There are 126 milligrams of MDMA in these pills. That is the active ingredient of ecstasy," says Polman.
Benner then splits the pill — half is enough — and hands Polman a test tube of water. The YouTuber swallows the ecstasy. Two hours later Polman begins to feel the effects of the pills. He had eaten a large meal beforehand, so the drug took a bit longer to kick in. The 25-year-old begins to feel a warm tingle in his body. His hands are clammy and his mouth dry, but he feels "so good" that he begins to dance.
"Many believe that ecstasy contains speed because you feel so energized while on the trip. But that's not true," Benner explains.
MDMA also has this effect. Polman holds out his arms and begins moving them in circles. His eyes are droopy. Techno music begins to play. What the ecstasy is doing to Polman's body looks like fun.
Why you love me so much?
Polman suddenly feels such a sense of love that he needs to hug his co-host. "Ecstasy releases serotonin, dopamine and adrenaline in the brain," Benner tells the camera. "It’s because of the serotonin that you have so much love for me right now."
Drugslab is a mix of explanatory video and a state-financed drug trip. The idea of broadcasting intoxication is not new in the Netherlands. Since 2005, the state media outlet BNN has aired a TV series called Spuiten en Slikken (injection and swallowing), in which the moderators try illegal substances.
What Spuiten en Slikken is for the old generation, Drugslab is for the new. "Young people want real people to do the real thing," says the inventor of the show, Jelle Klumpenaar. He calls the series a "pedagogical YouTube channel."
The idea came to him when he saw young people who were completely stoned at a music festival. "I asked myself: How can it be that these young people are in such a state?" he says. He believes that such accidents would happen less frequently if young people were well-informed about drugs. Drugslab is supposed to do this. But is it working?
It would be different if I met you at a party
The series shows true intoxication: It shows how "good" Polman feels but also how his mouth opens and at the same time his jaw moves left and right, his teeth grind and his eyelids droop so that you can only see the whites of his eyes.
"It would be a bit scary if I just met you at a party," says Benner. "MDMA users frequently experience uncontrollable grinding of the teeth and jaw movement, and the face muscles contract," she adds. Polman, in the meantime, looks as if he were in a state somewhere between facial contortion and orgasm.
The YouTubers say nothing about the dangers of consuming illegal substances. They simply advise their viewers to always have their drugs tested before consuming them. In the Netherlands, unlike in most Western European countries, there are state-financed sites where users can have their substances tested. In 2016, over 12,000 consumers had their drugs checked at the DIMS (Drug Information and Monitoring System), of which more than half were ecstasy pills.
The program isn't just for the benefit of users. It also helps Dutch authorities by letting them know which drugs are circulating on the black market. "We know which substances are contained in these drugs because of the tests. As such, we can issue warnings if there are additional hazardous substances in the drugs," says Daan van der Gouwe, who coordinates the DIMS program.
Last year Van der Gouwe started a national campaign to warn people about the ingredient PMMA in ecstasy. PMMA is cheaper that MDMA and, for this reason, is added to ecstasy. Its consumption can result in death because it can sharply increase body temperature and lead to internal bleeding.
"A second dangerous trend is that ecstasy pills have become increasingly stronger," he says. "A pill today contains on average twice as much MDMA as 10 years ago."
Just a half a pill will do the trick, in other words. And yet, many users continue to swallow the whole pill. This is risky, he explains, because overdosing can lead to heart problems and increased body temperature. Even clean drugs can be deadly, Van der Gouwe warns. "Doctors are always reporting more patients who have overdosed on powerful pills. People think that ecstasy is a harmless party drug, but that’s not true," he says.
Is there such a thing as risk-free?
The YouTubers don't talk about the dangers of an overdose. Nor do they mention the dangerous ingredients that can be in illegal drugs or what happens when someone consumes adulterated drugs. In a place like the Netherlands, this is critical because, with the exception of marijuana and some other natural substances, most drugs are illegal. The state does not inspect them before they come on the market.
"We test only a very small portion of the drugs that are actually on the market. The majority of users continue to take drugs without having them tested beforehand. But all the same, they now have this possibility," Van der Gouwe explains.
Those that do make use of the DIMS program tend to be more educated, which is why the educational claim of Drugslab is not false. Still, people who watch the show admit that it makes them more curious to try the featured substances themselves. Viewers learn that Rens Polman can hardly catch a tennis ball while under the influence. But they also see how "good" the host feels when he eats a popsicle while on MDMA. The YouTubers calls this "scientific testing."
German to English: Frankfurt Lessons: Books Are Not Inherently A Force For Good General field: Art/Literary Detailed field: Poetry & Literature
Source text - German Die Bestürzung ist groß. Bei der Frankfurter Buchmesse gab es Schlägereien, von Unbekannten nächtens leer geräumte Ausstellungsstände, Buchpräsentationen, bei denen die Fäuste flogen. "Mit Linken leben" hieß das Buch aus dem Antaios Verlag, dem der thüringische AfD-Abgeordnete Björn Höcke durch seine Anwesenheit die Chance gab, einen Eklat zu provozieren. Das Buch war eine mit heißer Nadel gestrickte Replik auf das bei Klett-Cotta erschienene Buch "Mit Rechten reden". Dieser Titel war programmatisch gemeint, er plädierte für Debatten über das Kleingedruckte statt für Ausgrenzung des politischen Gegners.
Nun, nach dem Eklat, sieht das aus wie ein frommer Wunsch. Ist es aber nicht. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels als Veranstalter der Messe kann Verlagen, die nicht strafrechtlich zu belangen sind, einen Ausstellungsstand nicht verweigern; auch dann nicht, wenn dort Bücher ausliegen, die Björn Höcke gerne liest. Er kann auch nicht jungen Männern in Springerstiefeln den Zugang zur Messe verwehren, ehe sie die Fäuste schwingen. Das gleiche gilt für Mitglieder von Antifa-Stoßtrupps, die es beim Skandieren von Parolen nicht belassen mögen. Hier wie dort muss die Buchmesse das Risiko des Eklats auf sich nehmen, wenn sie sich rechtsstaatskonform verhalten und nicht den bloßen Verdacht zu einem Ausschlusskriterium machen will.
Bücher können Brandbeschleuniger sein, sie können Weltbilder ebenso sehr verengen wie ausweiten
Die im Vorfeld der Messe erhobene Forderung, Verlagen, die der politischen Rechten nahestehen, gar nicht erst den Zugang zur Messe zu gewähren, ist durch den Eklat nicht im Nachhinein bestätigt worden. Wäre der Börsenverein ihr nachgekommen, hätte er den Opfermythos der Ausgeschlossenen, die Rede von der Mainstream-Öffentlichkeit, die unter sich bleiben will, mit neuem Brennstoff versorgt.
In der Bestürzung über die Nähe von Büchern und Schlägern steckt nicht selten eine Illusion, die sehr viel mit den Sonntagsreden der Buchbranche über sich selber zu tun hat. In diesen Sonntagsreden ist das Buch als solches ein Medium der Zivilisierung, des Brückenschlags zwischen den Menschen, ein Instrument der Kultur, das verlässlich der Barbarei entgegenarbeitet. Der Frankfurter Eklat kann dazu anregen, Abschied von dieser Illusion zu nehmen. Denn es mag im Einzelfall zutreffen, dass einem kultivierten Leser ein illiterater Schläger gegenübersteht. Beunruhigender und realistischer im Deutschland des Jahres 2017 ist aber der Fall, in dem auch im Schläger ein Leser steckt.
Zeitungen, Zeitschriften, Bücher können Brandbeschleuniger sein, sie können - auch unterhalb der strafbewehrten Ebene der Volksverhetzung - Weltbilder ebenso sehr verengen wie ausweiten, Stimmungen und Affekte ebenso gut verstärken wie Argumente. Das zeigt sich derzeit in der Öffentlichkeit der Bundesrepublik. Und es zeigte sich, schon ehe die Fäuste flogen, auf der Buchmesse. Der Eklat ist nicht von außen über sie hereingebrochen. Vermeidbar durch Ausschlüsse war er nicht. Schläger kann man festnehmen.
Translation - English FRANKFURT — There was something approaching mass hysteria last weekend at the Frankfurt Book Fair, the world's largest trade show for the publishing industry. In the evening, brawls broke out between strangers among the empty booths. Fists flew at book launch parties. The title of the German text behind much of the fervor was Mit Linken leben (“Living with the Left”), published by the far-right Antaios publishing house. But there was also the presence of Bjorn Hocke, a far-right Alternative for Germany politician, that riled up the crowd. The book was a hastily-written riposte to another book titled Mit Rechten reden (“Speaking with the Right”), published by Klett-Cotta, a rival publisher. The latter book's title was meant to be sincere: a call for meaningful debate instead of marginalizing political opponents.
This plea may now seem like wishful thinking after last weekend's ruckus, but it’s not. Since the organizer of the Frankfurt Book Fair, the German Publishers and Booksellers Association, may not deny a booth to any legal publishing house or reject books that are popular with readers on the political right. Likewise, the association may not ban young men, clad in neo-fascist uniforms and military-style boots, so long as they never take a swing at anyone. The same goes for members of Antifa, who are at the fair to do more than just chant slogans. Everywhere book fairs must accept the risk of a fight breaking out if they wish to conform to the law and do not want to make simply suspecting someone of causing trouble a criterion for exclusion.
In the run-up to the event, some people had demanded that the Frankfurt Book Fair exclude far-right publishers. Their demands still have not been retroactively validated in light of the fighting. Had the German Publishers and Booksellers Association caved to such demands, it would have only served to fuel the far-right’s propaganda of playing the victim of the mainstream.
In the hysteria over the proximity of books and thugs, the publishing industry frequently winds up on its soap box, pushing a familiar myth. In these sermons, the book as such is a medium which civilizes and builds bridges between people. It is an instrument of culture that reliably counteracts barbarism. The brawl that broke out in Frankfurt suggests that we can bid farewell to this illusion. For it may be true in individual cases that a cultivated reader can confront an illiterate thug, but more realistic and unsettling in Germany today is that the thug and the reader are one in the same.
Newspapers, magazines, books can kindle a fire. Even below the punishable level of hate speech, they have just as much capacity to shrink as broaden the worldviews of their readers. They can just as easily fuel emotions as strengthen arguments. This is a truism that manifests itself in front of the public eye in Germany today. It appeared long before fists flew at the Frankfurt Book Fair. The fight did not befall the event from exterior forces nor could it have been avoided by excluding radicals and reactionaries. But in the end, you don't ban the books, you arrest the thugs.
German to English: Islam, Ottoman, Erdogan: New Core Of Turkey's Education System General field: Other Detailed field: Religion
Source text - German Charles Darwin hat es erwischt, seine Evolutionstheorie soll nicht mehr vorkommen. Der Mensch ist nicht das Ergebnis natürlicher Selektion, Gott hat ihn erschaffen - so sollen es türkische Schüler künftig lernen. Vermittelt werden soll ihnen auch der Dschihad, eine Ankündigung, die in säkularen Kreisen einen Aufschrei auslöste. Zwar beeilte sich Bildungsminister İsmet Yılmaz zu versichern, den Schülern solle nicht der Religionskrieg beigebracht werden, die wahre Bedeutung des Begriffs sei "Vaterlandsliebe". Doch die Kritiker beruhigte das nicht. Die Regierung, schimpfte die säkulare Oppositionspartei CHP, plage "die Gehirne unserer kleinen Kinder mit derselben Haltung, die den Nahen Osten in ein Blutbad verwandelt".
Seit Mitte September läuft das Schuljahr in der Türkei, die Reformen der AKP-Regierung sind in Kraft. Und während Yılmaz die Änderungen als "Vereinfachung" des Unterrichtsstoffs herunterspielt, halten seine Kritiker die Überarbeitung des Lehrplans für fundamental. Für sie ist der Streit um Unterrichtsinhalte und Schulbücher mehr als ein Ringen um die richtige Bildungspolitik. Es geht um die Ausrichtung der Republik. Und um die Frage, ob kommende Jahrgänge noch im Geiste von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk aufwachsen, oder ob da die "fromme Generation" herangezogen wird, die Präsident Recep Tayyip Erdoğan sich wünscht.
Der Zorn richtet sich unter anderem gegen eine Reform, die den Zugang zu weiterführenden Schulen nach der 8. Klasse neu regeln soll. Die bisherige Prüfung wurde im Hauruckverfahren abgeschafft, ersetzen sollen sie ein neues Examen und ein Verteilsystem, das die Wohnadresse stärker berücksichtigt. Kritiker sagen, dass auf diese Weise die sogenannten Imam-Hatip-Schulen aufgewertet werden sollen - religiöse Schulen, an denen ursprünglich vor allem Geistliche ausgebildet wurden. Ihre Zahl ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen: Aktuell gibt es 1150 - mehr als 900 von ihnen wurden seit dem Regierungsantritt der AKP im Jahr 2002 gegründet. Die Zahl der Schüler stieg seitdem von unter 100 000 auf 1,15 Millionen.
Das Bildungsministerium begründet die Reform unter anderem mit dem unzumutbarem Leistungsdruck. Dass der nun sinken wird, bezweifelt Ayfer Koçak, 42, Mathe-Lehrerin und Vorsitzende eines Istanbuler Kreisverbands der linken Bildungsgewerkschaft Eğitim Sen - die begehrten Gymnasiumsplätze seien schließlich weiterhin knapp. Der Rest der Schüler verteile sich auf andere Schultypen, verstärkt auf Religionsschulen - oder Privatschulen, denen die Reform einen Boom bescheren dürfte. "Die Grundidee ist ja richtig, gute Schulen direkt im Wohnviertel zu haben", sagt Koçak. "Aber dann sollte man mehr gute Gymnasien eröffnen."
Die Bildungspolitik war immer schon Austragungsort kultureller Grabenkämpfe, auch vor dem Regierungsantritt der AKP. Nach dem Putsch 1980 verordnete das Militär sein Konzept der "türkisch-islamischen Synthese"; die subversive Kraft der Religion sollte mit nationalistischen Elementen verschmolzen und so gebändigt werden. Religion wurde zum Pflichtfach - auch für die Minderheit der Aleviten, die mit dem Staatsislam sunnitischer Prägung wenig anfangen konnten. Zugleich befand sich die islamistische Bewegung, aus der später auch die AKP hervorging, auf dem Vormarsch.
Die Lehrinhalte veränderten sich vor allem nach 2012
Seit sie regiert, hat der Kampf um die Bildung deutlich an Schärfe gewonnen. Er äußerte sich etwa im jahrelangen Streit um die Lockerung des Kopftuchverbots an Universitäten und Schulen - aus Sicht des säkularen Lagers ein Frontalangriff auf die Grundfesten der Republik. Laut einer Studie von Impact-se, einer israelischen Organisation, die Schulbücher und Lehrpläne wissenschaftlich untersucht, begannen sich die an türkischen Schulen gelehrten Inhalte vor allem nach 2012 zu verändern: "Die Türken werden als Hüter des Islams dargestellt", so die Autoren. Betont wurde die Vereinbarkeit von Islam und Demokratie, von Religion und Wissenschaft; infrage gestellt wurde die bis dahin vorherrschende Meinung der Säkularen, dass das Osmanische Reich und die Türkei wegen des Islams technologisch hinterherhinke.
"Das Curriculum zeigt die türkisch-islamische Zivilisation im Vergleich mit der westlichen Welt als gleichwertig, in manchen Fällen als überlegen", so die Studie. 2012 führte die AKP-Regierung auch das umstrittene 4+4+4-System ein. Die Regelung erlaubt es Schülern, nicht erst nach der 8. Klasse, sondern schon nach der 4. eine Imam-Hatip-Schule zu besuchen.
Der gescheiterte Putschversuch im vergangenen und das Verfassungsreferendum in diesem Jahr, in dem eine knappe Mehrheit für ein Präsidialsystem stimmte, haben den Umbau des Bildungssystems noch einmal beschleunigt. Tausende Lehrkräfte wurden seit dem Putsch entlassen, vor einigen Monaten stellte Bildungsminister Yılmaz den umfassenden neuen Lehrplan für die Klassen 1, 5 und 9 vor. Er sieht weniger Naturwissenschaften und Kunst vor, manche Themen - Stichwort Evolution - sind ganz gestrichen.
Yılmaz erklärte, Darwins Lehre überfordere die Schüler, die sich stattdessen stärker mit Werten und Religion befassen sollen, in Unterrichtseinheiten, die "Liebe zum Propheten" und "Krieg und Dschihad" heißen. Der Lehrplan, befand die Gewerkschaft Eğitim İş, spiegele "direkt oder indirekt die politischen Ansichten der AKP wider". Bei jeder Gelegenheit erinnere er an den Putschversuch, religiöse Themen erhielten mehr Gewicht, zulasten der Naturwissenschaften und des Kemalismus.
Für Esra Aksu, 29, ist das eine "absolut negative Entwicklung". Die Designerin hat keine Kinder, doch ihr 15-jähriger Bruder lebt bei ihr, er besucht eine renommierte Istanbuler Berufsschule. "Da wird das rationale Denken hintangestellt", sagt sie über die neuen Lehrpläne. Sie und ihr Bruder seien "mit Liebe zu Atatürks Reformen aufgewachsen"; dass der Fokus im Unterricht nun auf Religion und dem Osmanischen Reich liegen soll, findet sie falsch.
"Natürlich sollen die Kinder etwas über die osmanische Geschichte lernen", sagt Aksu, "aber ist es nicht viel wichtiger, dass sie mehr darüber erfahren, wer diesen Staat gegründet hat?" Der Präsident sieht das genau umgekehrt. Im Mai beklagte er in einer Rede, man habe dem türkischen Volk "eine armselige Vergangenheit gegeben". Mit dem neuen Lehrplan werde "die ruhm- und glorreiche Geschichte in die Geschichtsbücher" geschrieben. Entsprechend ruhmreich fällt die Darstellung der Osmanen in den neuen Lehrbüchern aus - Niederlagen kommen kaum vor.
In den Fokus gerückt sind auch jüngere historische Ereignisse wie der Putschversuch 2016. Während das reale Geschehen keineswegs vollständig aufgeklärt ist, feiern Schulbücher den heldenhaften Sieg des Volks über die Verschwörer. Stets ist klar, wer der Feind ist: die Gülen-Bewegung - Terrororganisation und Urheberin allen Übels. Auch die Einordnung etwa der Gezi-Proteste im Jahr 2013 entspricht der Regierungslinie - eine Verschwörung in- und ausländischer Mächte.
Die Gewerkschafterin Ayfer Koçak sieht noch ein weiteres Problem: Die neuen Bücher verbreiteten ein konservatives Frauenbild. Auf Fotos sind verschleierte Frauen zu sehen, die sich um Kinder und Haushalt kümmern, in Texten wird Gehorsamkeit als religiöse Tugend beschrieben. "In der Unterrichtseinheit ,Religionskultur' wird der Mann als Oberhaupt bestimmt, der Frau werden Respekt und Gehorsam nahegelegt", sagt Koçak. "So werden Jungen falsch erzogen. Sie sehen dann ihre Macht über die Frau als ihr Recht. Und die Frau wird zum Gehorsam erzogen."
Das türkische Bildungssystem war nie ein Hort der Liberalität. Die zentristische Struktur, viel stumpfes Auswendiglernen und Prüfungen, die jedes Jahr Tausende Kinder in Angst versetzten, die ideologischen Kämpfe. Heute aber haben sich die Gräben vertieft. Und ob Yılmaz' Reform verhindern kann, dass die Türkei im internationalen Vergleich weiter abrutscht, bezweifeln Experten. Vor allem in Naturwissenschaften und Mathematik schnitt das Land in der letzten Pisa-Studie "signifikant schlechter" ab als der Durchschnitt. Koçak freilich wünscht sich nicht nur bessere Leistungen. Sondern einen "demokratischen und freiheitlichen" Unterricht, "der Kinder nicht immer abhängiger und konservativer werden lässt".
Translation - English ISTANBUL — Forget about Charles Darwin's theory of evolution. Starting this year, Turkish students will instead be taught that human beings were created by God. They'll also learn about jihad, an announcement that triggered an outcry in secular circles.
To be sure, Turkish Education Minister Ismet Yilmaz rushed to assure everyone that students would not learn about religious wars. The true meaning of the word "jihad," he contends, is "love of country." The secular opposition party CHP has responded that the government is instilling in "children's brains the same attitude that turned the Middle East into a bloodbath.”
The school year in Turkey began in mid-September, bringing the conservative government's latest education reforms into effect. And while Yilmaz has downplayed the changes as a "simplification of the learning material," his critics maintain that the curriculum revision is radical. For them, the quarrel over educational content and textbooks is more than a struggle for the correct educational program. It is a fight for the direction of the republic: a question of whether children will continue to be raised in the spirit of founding father Mustafa Kemal Ataturk, or shaped instead into the "pious generation" that Turkey's current leader, Recep Tayyip Erdogan, wants to cultivate.
Some of the anger is directed against a reform aimed at changing access for further schooling after eighth grade. The entrance exam that was in use until recently was suddenly abolished, replaced by a new test as well as a district system that takes home addresses more into account when assigning students to schools. That, critics say, will benefit the so-called Imam Hatip schools, whose original purpose was to educate clerics.
The number of such schools has skyrocketed in recent years. Of the approximately 1,150 that exist nationwide, more than 900 were established after Erdogan's Justice and Development Party (AKP) entered government in 2002. The number of students enrolled in Hatip schools surged as well, from 100,000 to 1.15 million.
The reforms are justified, the education ministry claims, by the unreasonable pressure on students to get high marks. But critics like Ayfer Kocak, 42, a math teacher and the Istanbul district chair of the leftist education union Eğitim Sen, aren't buying the argument. Getting into prestigious high schools, she claims, is still not an option for many children. These students are split up among different types of schools, increasingly religious or private institutions, which stand to benefit from the reform.
"The basic idea is right: To have good schools right in the residential district," says Kocak. "But they should open more good public high schools."
Education policy was a site of cultural trench warfare even before the AKP came to power. After the 1980 coup d'etat, the military enacted its concept of "Turkish-Islamic synthesis." The idea was to tame the subversive force of religion by merging it with nationalist elements. The Islamist movement, which later gave rise to the AKP, also took shape at that time.
Under the AKP, the education issue has become even more divisive. For years, the party lobbied to ease the headscarf ban at universities and schools — a frontal assault on the foundations of the republic in the eyes of the secular camp. A study by Impact-se, an Israeli organization, found that content taught at Turkish schools began to change in earnest after 2012. "The Turks are represented as custodians of Islam," the authors wrote.
The curriculum, the study found, emphasizes the compatibility of Islam and democracy, of religion and science. And it questions the once prevailing opinion of secular scholars that the Ottoman Empire and Turkey lagged behind technologically because of Islam. "The curriculum depicts Turkish-Islamic civilization in relation to the Western world, and in some cases as superior," the Impact-se researchers wrote. The year 2012 was also when the AKP government introduced the controversial 4+4+4 system, which permits students to attend an Imam Hatip school as early as fourth grade.
The failed coup attempt last year and the constitutional referendum this year in which a narrow majority voted for a presidential system accelerated the educational reform process. Thousands of educators have been fired since the thwarted putsch. Meanwhile, Education Minister Yilmaz introduced new syllabi that limit both the natural sciences and the arts. Some topics, like evolution, were axed completely.
Darwin's teaching, Yilmaz explained, overwhelms students who should instead concern themselves more with values and religion in the classroom. But critics call the curriculum a clear extension of the AKP's political beliefs, and lament the emphasis it places on religious issues and the attempted coup at the expense of the natural sciences and Kemalism (Atatürkism), the republic's founding ideology.
For Esra Aksu, 29, the reforms are an "absolutely negative development." The designer has no children, but lives with her 15-year-old brother, who attends a renowned vocational school in Istanbul. "Rational thinking has been put aside," she says. "Of course, children should learn something about Ottoman history. But isn't it more important that they learn about who founded the state?"
President Erdogan apparently takes the opposite view. In May, he lamented in a speech that the Turkish people have been taught "a pathetic past." With the new curriculum, he said, the textbooks tell a "glorious and illustrious history." They portray the Ottomans in glowing terms while glossing over their downfall.
The curriculum takes a similar approach to more recent events such as the coup attempt in 2016 have also come into focus. While the events of June 2016 are still shrouded in mystery, textbooks celebrate the heroic popular victory over the plotters. And they clearly identify an enemy: the Gulen Movement, which is called a terrorist organization and the root of all evil. The classification of the Gezi Park protests in 2013 also conforms to the government's belief that it was a conspiracy devised by internal and foreign powers.
Labor union member Ayfer Kocak sees another problem: The new books propagate a conservative image of women. They picture veiled women who take care of their children and homes, and describe obedience as a religious virtue. "In their 'religious culture' course, the man is defined as the boss," she says. "The woman is made to show respect and obedience."
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Translation education
Bachelor's degree - University of Michigan - Ann Arbor
Experience
Years of experience: 9. Registered at ProZ.com: Dec 2017.
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Bio
Hello,
I'm a freelance translator, currently based in Paris, France. I previously worked at Worldcrunch, an English language news media website, translating source texts from our two German language partner publications, Sueddeutsche Zeitung and Die Welt, into English.
I trained in German-English translation at the University of Michigan-Ann Arbor where I completed a bachelor's degree in German Language and International Studies. I am now pursuing a master's degree in International Security (with concentrations in Environmental and European Studies) at Sciences Po in Paris.
My specializations include news media, global affairs, environmental science, and politics. I also have elementary proficiency in French and Turkish.
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